© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/14 / 20. Juni 2014

Eine Baustelle in Brüssel
Europaparlament: EU-Kritiker wollen unter der Vorsitzenden des Front National, Marine Le Pen, eine Rechtsfraktion formieren
Christian Schwiesselmann

Es ist die letzte Baustelle des EU-Parlaments vor der Eröffnungssitzung in Brüssel am 1. Juli. Sieben Fraktionen haben sich bereits formiert, die achte steht offenbar vor der Gründung: Die Vorsitzende des Front National, Marine Le Pen, arbeitet hinter den Kulissen daran, eine eigene Fraktion der EU-Kritiker zu formieren. Laut Presseberichten sollen dem Bündnis neben dem Front National die österreichische FPÖ, die Partei für die Freiheit (PVV) des niederländischen Islamkritikers Geert Wilders, der flämische Vlaams Belang, die italienische Lega Nord, der polnische „Kongreß der Neuen Rechten“ sowie die litauische Partei „Ordnung und Gerechtigkeit“ angehören. Die formale Hürde, 25 Abgeordnete aus sieben Ländern, ist im ersten Teil kein Problem: Allein der Front National stellt nach dem Erdrutschsieg Ende Mai 24 Abgeordnete. Lega Nord brächte fünf Abgeordnete, Wilders’ PVV, die FPÖ und die „Neue Rechte“ jeweils vier. Die Litauer würden zwei Abgeordnete beisteuern und der Vlaams Belang einen. Schwieriger wird es, Teil zwei der Hürde zu überwinden.

Hierbei ist Le Pen auf den Vorsitzenden der Partei „Ordnung und Gerechtigkeit“, den Litauer Rolandas Paksas angewiesen. Der ehemalige litauische Ministerpräsident sitzt seit 2009 im Europaparlament; er war bisher Mitglied der europaskeptischen Fraktion „Europa der Freiheit und Demokratie“ an, zu der auch der britische Wahlsieger Nigel Farage mit seiner Partei Ukip gehört. Laut litauischen Medien dementierte er, daß bereits eine Entscheidung gefallen sei. Alle Beteiligten hielten sich bedeckt. Man wolle die Verhandlungen nicht torpedieren, erklärte ein Sprecher der FPÖ gegenüber der JF. Die Gespräche liefen noch, aber die Fraktion werde kommen. Für die EU-Kritiker hätte sie nur Vorteile. Unter anderem stünden ihnen gut 4,5 Millionen Euro jährlich aus dem Haushalt der EU zur Verfügung. Zudem hätten sie Einfluß auf die Besetzung der Parlamentsausschüsse.

 

Fraktionen im Europäischen Parlament

Die rechten EU-Kritiker hätten nach derzeitigem Stand 44 Abgeordnete (12. Juni 2014)

EVP – Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) 221

S&D – Progressive Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament 191

EKR – Europäische Konservative und Reformisten 63

ALDE – Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa 59

Grüne/EFA – Die Grünen/Europäische Freie Allianz 54

GUE-NGL – Vereinte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke 52

Neue Rechtsfraktion 44

Frankreich: FN, 24

Italien: Lega Nord, 5

Österreich: FPÖ, 4

Nierlande: PVV, 4

Polen: Neue Rechte, 4

Litauen: Ordnung und Gerechtigkeit, 2

Belgien: Vlaams Belang, 1

EFD – Europa der Freiheit und der Demokratie 30

Sonstige 37

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