© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/14 / 20. Juni 2014

Frisch gepresst

Rittergut. Von Wulf Wagner, dem Kulturhistoriker Ostpreußens, liegen zwei monumentale Bände zur Geschichte des Königsberger Schlosses vor (JF 12/11), drei Bände über die Gutslandschaften der Kreise Heiligenbeil und Gerdauen (JF 21/05). Nun hat er einem einzigen Rittergut, Truntlack im Kreis Gerdauen, beinahe 800 Seiten im Atlasformat gewidmet. Erst ein Vergleich mit den schwierigsten Nachkriegsverhältnissen abgetrotzten Erzeugnissen des Altmeisters Carl von Lorck vermag Wagners Leistung zu würdigen. Bei dem von sämtlichen Quellen abgeschnittenen von Lorck winzige Schwarz-Weiß-Bilder der Schlösser und Herrenhäuser, spärlichste Notate zur Baugeschichte und Besitzerfolge. Bei Wagner, vorgeführt bereits in den Bestandsaufnahmen zu Heiligenbeil und Gerdauen, nun ein alle Quellen ausschöpfendes Gesamtkunstwerk, das den mit 3.000 Fußnoten einsturzsicher unterkellerten Text einbettet in faksimilierte Urkunden, Flurkarten, Bauzeichnungen, Ahnenporträts, fotografische Schnappschüsse. Die Angst, hier von Datenlawinen verschüttet zu werden, verfliegt rasch. Weil vor allem der zweite, Ende des 19. Jahrhunderts einsetzende Band die zentrierende Mitte der von jeder falschen Idyllisierung freien Darstellung enthüllt, die Ernst Blochs berühmten Schlußsatz aus „Das Prinzip Hoffnung“ widerlegt. Denn mit der in 700 Jahren gewachsenen Kulturlandschaft Ostpreußens, exemplarisch in Truntlack, entstand „in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint“ und worin, entgegen Blochs Beteuerung, noch niemand sei dort gewesen, Generationen vor uns bereits lebten: Heimat. (dg)

Wulf D. Wagner: Das Rittergut Truntlack 1446–1945. 499 Jahre eines ostpreußischen Gutes. 2 Bände, Husum Verlag, Husum 2014, gebunden, 756 Seiten, Abbildungen, 49,95 Euro

 

Walter Flex. Neben Ernst Jünger dürfte der 1887 geborene Lyriker Walter Flex einer der prominentesten Soldaten des Ersten Weltkriegs sein, der neben Gewehr und Handgranate auch Stift und Notizblock im Gepäck mitführte. Die Gedichte, die der 1917 im Baltikum gefallene Kriegsfreiwillige niederschrieb, sprachen seiner jugendbewegten, von patriotischer Liebe zu Heimat und Natur beseelten Generation aus dem Herzen. Zum WKI-Gedächtnisjahr hat der korporationsgeschichtliche WJK Verlag seine pathetischen Sturmrufe von der Front neu vorgelegt. (bä)

Walter Flex: Im Felde zwischen Nacht und Tag. Edition Jera im WJK-Verlag, Hilden 2013, broschiert, 132 Seiten, 10,90 Euro

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