© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/14 / 27. Juni 2014

Lew Rockwell organisiert die libertäre Gegenkultur in den Vereinigten Staaten
Der Rebell
Robert Grözinger

Der amerikanische Kommentator und Publizist Llewellyn Harrison Rockwell Jr., der am 1. Juli siebzig Jahre alt wird, gehört zu den führenden Köpfen der Libertären weltweit. Kaum ein anderer ist so kompromißlos in der Kritik an innenpolitischen Eingriffen des Staates in das Privatleben der Bürger, an Steuern, Wohlfahrt oder Bildungspolitik. Kaum einer kombiniert diese Kritik so konsequent mit der Verurteilung außenpolitischer Einmischung in Angelegenheiten anderer Länder. Kaum einer weist so umfassend auf private Alternativen hin, etwa auf dem Feld der Medizin, Ernährung oder inneren Sicherheit, wo nach Rockwells Meinung der Staat total versagt hat.

Bekannt machte den ehemaligen Verlagsangestellten in den achtziger Jahren sein Rundbrief Rothbard-Rockwell Report. Mit dem Internet vergrößerte sich dessen Reichweite enorm. Seit 1999 veröffentlicht er das Netzmagazin lewrockwell.com (LRC). Täglich außer sonntags publizieren die dort versammelten Autoren Artikel unter dem Motto „anti Staat, anti Krieg, pro Markt“ – wie die Seite untertitelt ist. LRC, zu dessen Beiträgern auch der eigenwillige deutsche Ökonom Hans-Hermann Hoppe (JF 45/12) zählt, gehört zu den am meisten gelesenen libertären Netzseiten der Welt und rangiert unter den populärsten 10.000 aller Sparten überhaupt.

Für staatsfreundliche Medien hat „Lew“, wie ihn seine Freunde nennen, nur Verachtung übrig. Kürzlich wies er einen Reporter der New York Times mit dem Vorwurf, er sei „Teil des Regimes“, vom Gelände seines Ludwig von Mises-Institutes in Alabama. Zum 1982 von Rockwell gegründeten und von ihm bis heute geführten Institut gehören knapp zwanzig leitende Dozenten und siebzig Assistenten. Es ist nach dem strikt marktwirtschaftlichen, 1973 gestorbenen Ökonomen, dem wichtigsten Vertreter der sogenannten Österreichischen Schule (ÖS) benannt. Diese tritt für die radikale Schrumpfung des Staates ein. Die Mission des Instituts ist die Förderung „des klassischen Liberalismus“, speziell und ausdrücklich unter dem Banner dieser Denkschule. Jeder Versuch, mit Staatsmitteln Gutes zu tun, führt der ÖS zufolge zu Nebenwirkungen, die zu beheben sich der Staat wiederum berufen fühlt: Bis dieser zum allseits überwachenden, alles regelnden, nach außen hin aggressiven Moloch geworden ist.

Der Staat sei der „größte irdische Gegner der Menschheit“, meint der Katholik Rockwell. Auch wenn die Tea-Party-Bewegung nicht ganz so radikal ist: Ohne Rockwells publizistische Vorarbeit wären ihre Wahlerfolge wohl geringer gewesen. Die zunehmende Skepsis seiner Landsleute gegenüber Auslandseinsätzen – wie im Fall Syrien – kann ebenfalls zumindest zum Teil auf Rockwell zurückgeführt werden. Vielleicht ist das sein größter Erfolg bisher.

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