© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/14 / 27. Juni 2014

Willkommen im Café Ungehorsam
Achtung Satire: Alfons Proebstl ätzt im Deutschen Anlegerfernsehen gegen die politische Korrektheit
Christian Schwiesselmann

Ein distinguierter Herr in feinem Zwirn, auf der Nase eine Hornbrille, lümmelt lässig in einem Fauteuil. Auf dem Tisch steht eine Rotweinflasche, an der Sessellehne hängt ein Pistolenhalfter. „Hallo liebe Ladies und Germanies, was war des wieder für eine Woach’“, schnarrt die Stimme des Glatzkopfes im schönsten Ösi-Schmäh. Das „Café Ungehorsam“ hat wieder geöffnet. Alfons Proebstl bittet im Deutschen Anlegerfernsehen zu einem garantiert politisch-unkorrekten Wochenrückblick. „Alles muß raus!“ – der Name der Sendung wird schließlich auch bei Youtube und Facebook zum Programm.

Die Satiresendung faßt die heißen Eisen an. Mal wettert Proebstl gegen das über Zwangsabgaben finanzierte Staatsfernsehen, mal feuert er eine Salve gegen diejenigen, die sich mit der „Energiewende das Ökogewissen tapezieren“. Das Glühbirnenverbot der EU zum Beispiel: Die herkömmlichen Leuchtmittel fielen demnächst unter das Betäubungsmittelgesetz, weil das „Zeug“ lebenslang abhängig mache und dazu verleite, sich immer wieder „heimlich eine reindrehen“ zu müssen. O-Ton Proebstl: Die „Armleuchter“ in Brüssel wandeln auf dem „schmalen Grat zwischen halogen und halluzinogen“.

„Willkommen in Absurdistan“ heißen beispielsweise die fünfminütigen Videos, in denen sich Proebstl die politische Klasse der „BRD“ vorknöpft und den Bundespräsidenten als „Bundes-Gaukler“ und „IM Larve“ durch den Kakao zieht. „In einem Land, wo die politische Sonne nur noch knapp über dem Horizont steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten“, ätzt Proebstl gegen das politische Führungspersonal in deutschen Landen.

In einer fünfteiligen Folge befragt Proebstl Akif Pirinçci, der mit seinem Buch „Deutschland von Sinnen. Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer“ die Medienlandschaft durcheinanderwirbelte. Proebstl platziert den Berufsprovokateur nicht nur wörtlich in die rechte Ecke, er soll im „Café Ungehorsam“ auch seine Menüfolge abarbeiten: „Feminismus“, „GEZ und Steuerwahn“, der „Mann als Trottel“ und zum Dessert „Grüne Soße“. Pirinçci spielt mit und mimt den „Migrationsnazi“. Heute gehöre ihm Deutschland und morgen die ganze Welt. 30.000 Youtube-Zuschauer sind begeistert. 35.000 Facebook-Fans gefällt das.

„Wir sind das Thermometer im Arsch des Volkes“, ist sich Allie Schropp sicher. Der Produzent der Sendung sitzt in München und ist zugleich auch Regisseur. 98 Prozent aller Kommentare seien positiv, sagt Schropp, die restlichen zwei negativ. Gute Satire könne nur gegen den Zeitgeist trommeln. Und der weht bekanntlich von links. Bei der Themensuche bedient sich Schropp auch bei der JUNGEN FREIHEIT. „Proebstl ist natürlich eine Kunstfigur“, verrät er auf Nachfrage. Aber der Dr. phil. sei echt. Gekauft von einer amerikanischen Garagenuniversität.

„Wenn das der Sponsor wüßte“, raunt Proebstl im Vorspann der Sendung. Der Sponsor – die Unternehmensgruppe BVUK, die betriebliche Vergütungs- und Versorgungssysteme für Unternehmen und Kommunen vermarktet – weiß es. Proebstl habe inhaltlich völlige Freiheit, die BUVK steuere nichts, wie ein Unternehmenssprecher gegenüber der JF bestätigt. Narrenfreiheit wie beim Wetterbericht.

Das Publikum goutiert die snobistische Art Proebstls offenbar; es wächst und es wächst. Die Produktion soll daher im nächsten halben Jahr weiterlaufen.

Der Kopp-Verlag und das islamkritische Nachrichtennetzwerk PI-News verlinken regelmäßig auf die Sendung. Proebstls Spiel mit den Tabus dieser Republik kommt jenseits des Hauptstroms gut an. Die dekadente Caféhausatmosphäre mildert die polemische Schärfe, der sympathische Dialekt des Alpengrantlers – „Des doarfn man so schoan lang nett mehr soagen!“ – läßt auch den letzten Zuschauer gewahr werden: Achtung, Satire!

Foto: Lockerer Sitz: Der 1946 in Brünn geborene Berufsnörgler ist laut Facebook-Profil studierter Kryptologe (Prag, Moskau, Kuba) und Krisengewinnler

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