© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/14 / 11. Juli 2014

Zwischenlandung im Parlament
Bundeswehr: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat sich in der Frage von Kampfdrohnen für eine Verzögerungstaktik entschieden
Christian Schreiber

Bekommt die Parlamentsarmee nun auch noch die Parlaments-Drohne? Über die Anschaffung und den Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen zu militärischen Zwecken wird im politischen Berlin seit Tagen heftig gestritten. Drohnen zur Aufklärung werden schon seit Jahren auch von der Bundeswehr eingesetzt. Die bewaffneten Systeme sind dagegen umstritten, vor allem seit die Vereinigten Staaten diese Art zur Kriegsführung einsetzen.

Mittels Drohnen können Verdächtige außerhalb bewaffneter Konflikte lediglich aufgrund geheimdienstlicher Informationen exekutiert werden, eine Kampfhandlung im klassischen Sinne findet nicht statt. Das amerikanische Vorgehen ist vor allem daher in die Kritik geraten, weil bei diesen Operationen auch regelmäßig unschuldige Zivilisten ums Leben kommen; in Washington sprechen Verantwortliche zynisch von „Kollateralschäden“ .

In Deutschland mehren sich nun die Stimmen derer, die eine Anschaffung befürworten. Nach langem Schweigen hat sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf die Seite der Befürworter geschlagen. Komme es zu einem Kampfeinsatz, hätte das Parlament dann die Option, „mit dem Mandat und auf den konkreten Fall bezogen auch die Frage der Bewaffnung der Drohne zum Schutz der entsandten Truppen zu entscheiden“, sagte die CDU-Politikerin. Politische Beobachter werten diese Positionierung als geschickten Schachzug.

Die Bundeswehr verfügt bislang nicht über eigene Systeme, sondern mietet die Drohnen. Da die Verträge in einigen Monaten auslaufen, hat die Debatte an Fahrt gewonnen. Die Verteidigungsministerin sprach sich dafür aus, die bestehenden Verträge zu verlängern und neuwertige Geräte zu mieten: „Da die neueren Modelle ohnehin bewaffnungsfähig sind, stünde uns damit künftig nicht nur die dringend benötigte Aufklärungsdrohne zur Verfügung“, sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Ihre eigene Partei hat die Ministerin hinter sich, doch beim Koalitionspartner SPD wird noch um einen einheitlichen Kurs gerungen.

Opposition hat ethische Vorbehalte

Während der verteidigungspolitische Sprecher Rainer Arnold Unterstützung für die Pläne ankündigte, ging die Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht auf Distanz. „Ich persönlich habe damit größere Probleme“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa: „Ich bin nicht der Meinung, daß so eine militärische Ausrüstung richtig wäre.“

Die Anschaffung bewaffneter Drohnen wurde schon zu Zeiten der schwarz-gelben Koalition mehrfach diskutiert, aber dann immer wieder verschoben. Die Große Koalition aus Union und SPD hatte sich im vergangenen Herbst darauf verständigt, die Entwicklung einer europäischen Drohne voranzutreiben. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann sprach sich im Kölner Stadtanzeiger „für eine breite gesellschaftliche, ethische und verteidigungspolitische Debatte“ aus. Völkerrechtswidrige Tötungen wie sie teilweise durch die Vereinigten Staaten vollzogen würden, lehne seine Partei aber strikt ab: „Für diese Zwecke dürfen Drohnen auf keinen Fall angeschafft oder benutzt werden. Wir müssen aber darüber diskutieren, was wir alles unternehmen können, um das Leben deutscher Soldaten im Einsatz zu schützen.“ Die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte der Welt, sie halte es derzeit für „absolut falsch, bewaffnete Drohnen anzuschaffen“. Es möge nachvollziehbare sicherheitspolitische Gründe geben, solche unbemannten Kampffluggeräte zu beschaffen. Dem stünden aber sehr schwerwiegende ethische und völkerrechtliche Argumente gegenüber.

Die Oppositionsparteien im Bundestag lehnen die Anschaffung von Drohnen aus ethischen Gründen generell ab. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi hält die Pläne von der „Parlamentsdrohne“ darüber hinaus für Unsinn. Die Abgeordneten können doch die Situation gar nicht einschätzen“, sagte Gysi im Deutschlandfunk: „Da kommt eine militärische Einschätzung, wonach das dringend erforderlich ist. Dann beschließen sie das auch, und dann passiert nachher was ganz anderes.“

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