© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/14 / 11. Juli 2014

Für den Frieden kämpfen
20 Jahre Bundeswehr im Ausland: Zuerst peinlich vermieden, erscheinen die Einsätze deutscher Soldaten seit kurzem mehr als Regel denn als Ausnahme
Curd-Torsten Weick

Das Ende der Trittbrettfahrerei ist erreicht.“ Mit diesen markigen Worten unterstützte der damalige Bundespräsident Roman Herzog im März 1995 den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland. Konnte sich die Bundesregierung wenige Monate nach der Wiedervereinigung noch dem Druck der Verbündeten zum Einsatz im zweiten Golfkrieg (August 1991) durch Kompensationszahlungen und die Entsendung von Alpha-Jets in die Türkei entziehen, liefen die Auslandseinsätze in Kambodscha (1991/92) oder Somalia (1992/93) noch unter dem Oberbegriff der humanitären Hilfe, kam es im Juli 1994 zu einer Zäsur.

Am 12. Juli bestätigte das Bundesverfassungsgericht, daß Deutschland berechtigt sei, sich an bewaffneten Einsätzen der Nato und der Vereinten Nationen (VN) im Ausland zu beteiligen – vorausgesetzt, der Bundestag stimmt zu. Am 22. Juli votierte dieser mit 421 Ja-Stimmen, bei 48 Neinstimmen und 16 Enthaltungen, für einen bewaffneten Auslandseinsatz der Bundeswehr im Rahmen des VN-Embargos gegen die Bundesrepublik Jugoslawien sowie die Überwachung des Flugverbots über Bosnien und Herzegowina. Für die Bundeswehr begann die neue Ära als „Armee im Einsatz“.

Seither hat der Bundestag deutsche Soldaten in viele Länder geschickt, um dort für Frieden und Ordnung zu sorgen – mit meist geringem Erfolg. Ausgerechnet unter der ersten rot-grünen Bundesregierung beteiligte sich Deutschland, ohne daß der Einsatz durch ein VN-Mandat gedeckt noch durch das Eintreten des Bündnisfalls gerechtfertigt war, im Rahmen des Kosovokrieges (März/Juni 1999) an Luftschlägen gegen Serbien.

Insgesamt 19 Auslandseinsätze hat die Bundeswehr bisher abgeschlossen. Rund 4.600 Soldaten der Bundeswehr sind derzeit an 16 Einsatzorten im Ausland stationiert. Von den seit 1992 entsandten knapp 350.000 Bundeswehrangehörigen starben 103 – 37 Soldaten fielen durch Fremdeinwirkung, 66 kamen durch sonstige Umstände ums Leben (Stand Januar 2014). Angaben der Bundesregierung zufolge kosteten die Auslandseinsätze der Bundeswehr seit 1992 17 Milliarden Euro. Von ihnen entfallen allein auf den im Jahr 2002 begonnenen Einsatz in Afghanistan rund 7,6 Milliarden Euro. Die Beteiligung an der Kosovo Force (KFOR) beziffert sich seit 1999 auf etwa 3,3 Milliarden Euro.

 

Aktuelle Einsätze der Bundeswehr weltweit

4.500 Soldaten sind zwischen Kosovo und Kongo, Senegal und Afghanistan stationiert

EUROPA

Mittelmeer Cape Ray 163 Soldaten OAE 214 Soldaten

Kosovo KFOR 688 Soldaten

Türkei Active Fence 268 Soldaten

Libanon UNFIL 152 Soldaten

Usbekistan Afghanistan, ISAF 2.441 Soldaten

Afghanistan UNAMA 1 Militärbeobachter

 

AFRIKA

Westsahara MINURSO 2 Soldaten

SÜDSudan UNMISS 11 Soldaten

Senegal, Mali MINUSMA 80 Soldaten

Mali EUTM Mali 158 Soldaten

Kongo EUSEC RD CONGO 2 Soldaten

Zentralafrikanische Republik EUFOR RICA 4 Soldaten

SÜDSUDAN UNMISS 11 Soldaten

Sudan (Darfur) UNAMID 10 Soldaten

Horn von Afrika Atalanta 363 Soldaten

Somalia EUTM SOM 6 Soldaten

Somalia, Kenia, Seychellen, Dschibuti EUCAP NESTOR 6 Soldaten

Fotos: Seeraumüberwachung für die Terrorismusbekämpfung: Die Fregatten Hessen (o.) und Hamburg und der Einsatzgruppenversorger Berlin im Mittelmeer; Kosovo: Ein Feldjäger sichert den Dorf-eingang von Rudare im Norden des Landes; Mali: Deutsche Soldaten helfen bei der Ausbildung malischer Pioniere; Afghanistan: Soldaten des Gebirgs-jägerbataillons 231 sichern eine Fahrzeugkolonne in Pul-e Khumre; Türkei: Startfahrzeuge der Patriot-Flugabwehrraketen in ihren Stellungen bei Kahramanmaras; Kampf gegen Piraterie: Deutsche Marinesoldaten und die Fregatte Sachsen am Horn von Afrika; Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder besucht 1999 deutsche Soldaten in Prizren/Kosovo: Zweifelhafter Einsatz gegen Serbien

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