© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/14 / 11. Juli 2014

Was Kunden wollen sollen
Kunsthandel: Die Affäre um Helge Achenbach
Richard Stoltz

Riesenwellen im Kunstbetrieb schlägt zur Zeit die Inhaftierung des bekannten Düsseldorfer „Kunstberaters“ Helge Achenbach. Seit fast vier Wochen sitzt der 62jährige unter Betrugsverdacht in Untersuchungshaft der Justizvollzugsanstalt Essen. Die schwerreiche Familie des 2012 verstorbenen Aldi-Unternehmers Berthold Albrecht hatte Anzeige erstattet. Zudem soll es weitere Kunden Achenbachs geben, die sich geprellt fühlen. Der Mann, so die Beschuldigung, habe sie um Millionensummen gebracht, indem er etwa bei der Abrechnung seiner Honorare mit Währungen manipulierte oder „Consultings“ in Rechnung stellte, die gar keine gewesen seien.

Verteidiger Achenbachs behaupten hingegen, seine Kunden hätten alle von ihnen gewünschten Kunstwerke (und Oldtimer) dank seiner Empfehlungen und Vermittlungen pünktlich erhalten. Und daß nicht nur die Verkäufer, sondern auch der Kaufvermittler, also Achenbach, höchste Preise forderten (und sie schließlich auch ausgezahlt bekamen), gehe doch ebenfalls in Ordnung. Kunst, nicht zuletzt moderne Kunst, sei heutzutage nun mal Spekulationsobjekt. Ihre Preise schwankten je nach Angebot und Nachfrage und würden oft in enorme Höhen getrieben.

Es geht um Gewinnmaximierung

Wie sich die Affäre weiter entwickelt, ist offen. Galeristen und Auktionshändler sind überwiegend gegen Achenbach eingenommen, weil er ihnen angeblich das Geschäft verdirbt, übrigens durchaus auch im Interesse seiner Kunden. Genuine Kunstfreunde ihrerseits kritisieren vorrangig das Wutgebahren eben dieser reichen Kunden. Die sollen doch froh sein, heißt es in Künstlerkreisen, daß sie mit Hilfe von Achenbach so umstands- und aufwandlos an die von ihnen so heiß ersehnten, geliebten Kunstwerke herankommen. Wieso spielen da einige Millionen mehr oder weniger eine solche Rolle? Man hat’s doch!

Aber genau an diesem Punkt liegt der Hase im Pfeffer. Es geht den Achenbach-Kunden offenbar nicht um Kunst, geschweige um Liebe zu ihr, es geht ihnen ums Geld, um Gewinnmaximierung. Andererseits wissen sie oft nicht, was der „Markt“ will und was sie also wollen sollen, um zu ihrer Rendite zu kommen. Um so besser wissen das alle möglichen Finanzexperten, Galeriegänger, Auktionshaie. Leute wie Helge Achenbach eben.

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