© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/14 / 18. Juli 2014

Maschinenraum der Migrationsindustrie
Staatsfinanzen: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wächst und wächst – auf Steuerzahlers Kosten
Heiko Urbanzyk

Als Anfang Juli etwa 80 Asylbewerber das Gelände des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg besetzten, dürften nicht wenige Mitarbeiter verzückt hinter den Gardinen gestanden haben. Auch wenn der Hausherr, Präsident Manfred Schmidt, jammerte: „Die Besetzung des Hofes des Bundesamts oder das Drohen mit Hungerstreiks sind jedoch keine Mittel, ein Bleiberecht in Deutschland zu erzwingen. Ich finde es bedauerlich, daß hier Flüchtlinge offensichtlich von einer Unterstützerszene instrumentalisiert werden.“ Erst die fürs Zupacken bekannte bayerische Landespolizei konnte die ungebetenen Gäste vor die Tür setzen.

Die im Innenministerium angesiedelte Behörde ist für Asylverfahren und Flüchtlingsschutz ebenso zuständig wie für Integrationskurse und Rückkehrhilfen. Das Bundesamt ist Teil einer milliardenschweren Migrationsindustrie, an der eine kaum noch zu überschauende Zahl von Arbeitsplätzen und Förderprogrammen hängt. Allein der Haushalt des BAMF belief sich im Jahr 2013 auf mehr als 396 Millionen Euro. Die Behörde beschäftigte im vergangenen Jahr 1.979 Beamte und Angestellte in Nürnberg und 22 weiteren Außenstellen. Für das Jahr 2014 sieht der Bundeshaushalt über 2.230 Stellen vor. „Ein großer Aufschlag“, wie SPD-Abgeordneter Martin Gerster, Mitglied des Haushaltsausschusses, in der Bundestagsdebatte Ende Juni 2014 zugab.

Trotz 300 neuer Stellen „chronisch unterfinanziert“

„Chronisch unterfinanziert“, moserte der Vizevorsitzende der Linkspartei-Fraktion Dietmar Bartsch. Zwar sei es etwa eine vernünftige Entscheidung, daß das BAMF 300 neue Stellen erhalte. Die Bundesregierung habe jedoch keine „Strategie angesichts wachsender internationaler Flüchtlingsströme“. Nach dem Willen der Grünen-Abgeordneten Anja Hajduk soll das Amt noch mehr Geld für Integration lockermachen. So seien etwa die zusätzlichen 40 Millionen Euro für die Integrationskurse „nicht nichts“, doch da man die Kurse eigentlich auf Asylantragsteller ausweiten wolle, reiche das definitiv nicht aus. „Da muß mehr geschehen“, forderte Hajduk.

Allein das Personal im Migrationsamt verschlingt 2014 knapp 110 Millionen Euro Steuergelder. Zum Vergleich: Im Jahr 2007 lagen die Personalausgaben noch bei 90 Millionen Euro. Die aktuelle Personalaufrüstung begründen Bürokraten vor allem mit der steigenden Zahl von Asylbewerbern, die 2013 im Vorjahresvergleich um 70 Prozent auf knapp 110.000 anwuchs. Bundesinnenminister Thomas de Maizière erwartet für 2014 über 200.000 Asylsuchende. „Vielleicht noch mehr“, spekulierte er in der Welt am Sonntag. Das entspricht der Einwohnerzahl von Mainz oder Rostock.

Neben dem eigenen Etat verwaltet das BAMF Fördermittel anderer Ministerien und Fonds. In einem Förderprogramm von Europäischem Sozialfonds (ESF) und BAMF nahm das Bundesamt zwischen 2007 und 2013 insgesamt 230 Millionen Euro allein für berufsbezogene Sprachkurse für Ausländer in die Hand. Als die Gelder Ende 2013 ausliefen, sprang das Bundesarbeitsministerium mit weiteren 47 Millionen Euro ein.

Anfang Mai meldete das Arbeitsministerium, es sei durch „intensive Bemühungen gelungen, noch einmal zusätzliche ESF-Mittel in Höhe von rund 34 Millionen Euro für die Fortführung des Programms bis zum 31. Dezember 2014 bereitzustellen“. Hinzu kommen für 2014 noch einmal die erwähnten 40 Millionen Euro für Integrationskurse im Haushalt des Innenministeriums plus neun Millionen Euro allein zur Bewältigung der Kosten syrischer Flüchtlinge.

Wo soviel Steuergeld auf dem Spiel steht, ist der Schlendrian nicht fern. Der Bundesrechnungshof monierte 2013, daß das Bundesamt zwar Integrationskurse fördere, seit 2005 aber nicht kontrolliert habe, ob die Förderziele erreicht würden. Außerdem seien die Anbieter der Kurse nicht überprüft worden, obwohl die BAMF-Außenstellen dafür zuständig seien. In einigen Fällen rechneten Schulträger Gelder für Kurse ab, zu denen gar keine Teilnehmer erschienen.

Kontrollen sollen Mißbrauch eindämmen

In anderen Fällen waren Teilnehmer gefördert worden, die darauf keinen Anspruch mehr hatten. Nicht einmal die Abrechnung der Fördergelder prüfte die Behörde sorgfältig, geschweige denn fristgerecht. So bemerkten die Bürokraten nicht, „daß eine Zentralstelle unberechtigt Kurspauschalen gekürzt und teilweise selbst vereinnahmt hatte“. Das Bundesamt reagierte mit verschärften Kontrollen und Förderrichtlinien. Ab diesem Jahr sollen jährlich 20 Prozent der Anbieter für Integrationskurse örtlich überprüft werden. Zudem müssen sich die Kursteilnehmer handschriftlich auf Listen an- und abmelden.

Die Expansion des BAMF begann 2003, als die rot-grüne Bundesregierung das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge umfirmierte, es mit einer Forschungsabteilung ausstattete und zum Maschinenraum der deutschen Migrationsindustrie umfunktionierte.

Seitdem bietet das Amt Dokrorandenstellen zur Erforschung der „Willkommenskultur“ und lobt Integrationsprojekte für junge Migranten mit „dauerhafter Bleibeperspektive“ aus. Lobbyisten können bis zu 50.000 Euro jährlich kassieren. Kein Wunder, daß man von der Arbeiterwohlfahrt über die Katholische Jugendsozialarbeit bis zum Alternativen Wohlfahrtsverband SOAL hellhörig wird. Die Töpfe der Migrationsindustrie sind randvoll gefüllt.

Foto: Gerufene Geister: Anfang Juli belagerten 80 Asylbewerber das Behördengelände, um die Anerkennung ihrer Anträge zu erpressen

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