© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/14 / 25. Juli 2014

Die Klauarbeiter kommen
Kriminalität: In Deutschland steigt die Zahl der Taschendiebstähle – besonders zur Urlaubszeit / Über die Hälfte der Tatverdächtigen stammt aus dem Ausland
Christian Schreiber

Wer ins Ausland reist, sollte dort auf Taschendiebe achtgeben, so stand es jahrelang als Warnung in nahezu jedem Reiseführer. Doch die Zeiten haben sich geändert. Das Internetportal „Ab in den Urlaub“ hat passend zur Hauptsaison eine Studie vorgestellt, aus der hervorgeht, daß die Bundesrepublik mittlerweile selbst zu einem Eldorado für Taschendiebe geworden ist.

Insgesamt 135.617 Mal wurde im Jahr 2013 hierzulande ein Taschendiebstahl angezeigt. Nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) sei dies ein Anstieg von mehr als 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Vor allem die 156 Millionen Touristen, die jährlich nach Deutschland kommen, seien beliebte Ziele für Taschendiebe und Geldbeutelklauer. Erklärt wird dies damit, daß gerade bei Touristen die Hemmschwelle, eine Anzeige zu verfassen, relativ hoch sei, da diese das Land in aller Regel nach ein paar Tagen wieder verlassen würden. Anzeige werde in diesen Fällen nur erstattet, wenn neben Bargeld auch Dokumente wie Flugtickets oder Personalausweise entwendet worden seien. Die Dunkelziffer bei den reinen Gelddiebstählen dürfte folglich noch viel höher sein.

Hochburg ist ausgerechnet Düsseldorf, die mondäne Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen. Dort kamen exakt 8.299 Fälle zur Anzeige, was einer Quote von 1.398 Fällen pro hunderttausend Einwohner entspricht. Auf dem zweiten Rang folgt mit der Millionenstadt Köln ebenfalls eine Kommune aus Nordrhein-Westfalen, die drittmeisten Diebstähle gab es in Hamburg. Auf den weiteren Plätzen rangieren Dortmund, Bonn, Berlin, Wuppertal, Münster, Bremen, Frankfurt am Main und Saarbrücken. Taschendiebstahl hat sich somit in den vergangenen fünf Jahren zu einer echten Boombranche entwickelt. Seit dem Jahr 2008 – damals wurden 91.600 Straftaten angezeigt –, sind weitere 44.000 Fälle hinzugekommen. Das entspricht einem Anstieg von 48 Prozent.

Die überwältigende Zahl der Diebstähle hat sich in den 115 größten deutschen Metropolen und Touristenhochburgen abgespielt. Allein hier kommt die Studie auf 110.534 Delikte für das Jahr 2013. Das entspricht einem Plus von 18,3 Prozent.

Bei der Frage nach den Tätern ist die Studie aufschlußreich. Denn nicht nur die Zahl der Diebstähle sei gestiegen, sondern auch die Tatbeteiligung von Ausländern habe stark zugenommen. Laut Studie waren 66 Prozent der im Jahr 2013 ermittelten Tatverdächtigen nichtdeutscher Herkunft. Dabei sei auffällig, daß die wenigsten Diebstähle von Einzelpersonen verübt worden seien, vielmehr beobachteten die Behörden zunehmende Aktivitäten von Familienbanden. Sehr häufig seien es ganze Familienclans aus Südosteuropa (Rumänien, Bulgarien, Kosovo, Albanien), Nordafrika oder Südamerika. Diese seien dabei straff organisiert und würden zum Teil sogar aus ihren Heimatländern in Busladungen nach Deutschland gefahren.

Dank der offenen EU-Grenzen sei dies ohne Probleme möglich, und selbst in den Fällen, in denen Anzeige erstattet würde, sei die Aufklärungschance relativ gering, weil sich die Täter dann oftmals schon wieder auf der Rückreise befänden. Dabei handele es sich nicht einmal um sogenannte Armutsflüchtlinge, sondern um einen gut geplanten Geschäftszweig der Organisierten Kriminalität. Rund 28 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen seien unter 18 Jahre alt, der Trend gehe sogar dahin, Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren einzusetzen, da diese strafunmündig seien. Zudem hätten diese früh gelernt, wie verhältnismäßig leicht man Smartphones oder Bargeld stehlen kann.

Die Diebe gehen vor allem dort auf die Jagd, wo viele Menschen anzutreffen sind und man nach ausgeführter Tat schnell wieder in die Anonymität untertauchen könne. Dies treffe vor allem auf Fußgängerzonen, U-Bahnhaltestellen oder Touristenattraktionen mit großer Menschenmenge zu. Oftmals würden die Opfer in ein Gespräch verwickelt und so abgelenkt, während ein zweiter Täter dann den Geldbeutel stiehlt.

Die Aufklärungsquote ist dabei übrigens äußerst bescheiden. Bundesweit wurden nur rund 5,7 Prozent der Täter ermittelt und das Diebesgut sichergestellt.

www.presse.ab-in-den-urlaub.de

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