© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/14 / 25. Juli 2014

Frisch gepresst

Westpreußen. Ein Dutzend Beiträge, die der Landesgeschichte vom Mittelalter bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges gelten, bietet das Westpreußen-Jahrbuch 2014. Zum 150. Geburtstag des 1864 in Briesen, im Kulmerland, geborenen Nobelpreisträgers Wal-ther Nernst widmet Hans- Jürgen Kämpfert dem Mitbegründer der physikalischen Chemie ein biographisches Porträt. Dabei wird von ihm leider der große Einfluß übersehen, den Nernst durch einige seiner Schüler auf Lehre und Forschung an der 1904 eröffneten Technischen Hochschule Danzig ausübte. Ausführlich beschreibt Rainer Zacharias ein bibliophiles Kleinod, das „Verbesserte Marienburgische Gesang-Buch“ von 1713, das der Autor nutzt, um die kirchlichen und sozialen Verhältnisse an der unteren Weichsel während des Nordischen Krieges zu beleuchten. In die Zeitgeschichte führt eine Studie über Angriffe der U.S. Air Force auf eine nahe Marienburg gelegene Produktionsstätte der Bremer Focke-Wulf-Werke (1943/44) sowie die Schilderung einer abenteuerlichen Flucht aus dem Kreis Zempelburg im Winter 1945. (vs)

Hans-Jürgen Kämpfert (Hrsg.): Westpreußen-Jahrbuch, Band 64. Westpreußen-Verlag, Münster 2014, broschiert, 168 Seiten, Abbildungen, 16,50 Euro

 

Landraub. Seit dem Sommer 1945 ließ das kommunistische Polen nichts unversucht, um in Deutschland jenseits von Oder und Neiße Tatsachen zu schaffen. Obwohl die deutschen Ostprovinzen Polen nur „zur Verwaltung“ übergeben worden waren, forcierte Warschau die gewaltsame Vertreibung der Deutschen aus ihrer angestammten Heimat, um die völkerrechtswidrige Annexion vorzubereiten. Wie sich dieser Landraub vollzog, stellt die Posener Zeithistorikerin Beata Halicka am Fallbeispiel des deutschen „Oderraums“ dar. Die gründliche und tief aus den Quellen schöpfende Arbeit ist leider nicht frei von Geschichtsklitterungen à la „Wiedergewonnene Gebiete“, die zudem nach dem Durchzug der Roten Armee angeblich „menschenleer“ gewesen seien. Und auch ein anderer polnischer Mythos wird gepflegt, wonach die „Neusiedler“ in Hinterpommern und der Neumark als „Zwangsmigranten“ aus den 1920 okkupierten „polnischen Ostgebieten“ primär als „Opfer“ bei dieser „gelungenen Inbesitznahme“ zu betrachten wären. (ft)

Beata Halicka: Polens wilder Westen. Erzwungene Migration und die kulturelle Aneignung des Oderraums 1945–1948. Schöningh Verlag, Paderborn 2013, 392 Seiten, Abbildungen, 29,90 Euro

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