© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/14 / 25. Juli 2014

Knapp daneben
Transparenz macht unglücklich
Karl Heinzen

Seit sieben Monaten herrscht in der beim Bundeskartellamt angesiedelten „Markttransparenzstelle für Kraftstoffe“ Hochbetrieb. Jeden Tag melden ihr knapp 14.000 Tankstellen, welche Preise sich Kunden gefallen lassen müssen. Die Daten speist die Behörde in ein Netzwerk von Verbraucherdiensten ein, die sie wiederum der Öffentlichkeit über Internetseiten und Apps zur Verfügung stellen. Jeder Autofahrer hat so die Möglichkeit, sich darüber zu orientieren, wo er in seiner Umgebung gerade am günstigsten tanken kann.

Politisch angestoßen wurde die Einrichtung angeblich durch eine Splitterpartei, die Historiker und vielleicht auch einige ältere Bürger noch kennen dürften. Eine sogenannte „FDP“ soll auf diese Weise kurz vor ihrem Untergang versucht haben, die Massen für sich zu begeistern. Es ist ihr nicht gelungen – und dies zu Recht. Alle Hoffnungen, die man auf das Informationsangebot setzte, haben sich rasch zerschlagen. Die Preise an den Zapfsäulen sind nicht gesunken, sie schwanken heute eher stärker und häufiger als zuvor.

Das Resultat ist ein frustrierter Bürger, der weiß, daß er zuviel bezahlt und doch nichts machen kann.

Den Nachweis, daß die großen Tankstellenketten das Auf und Ab wie von Geisterhand in gleicher Weise vornehmen, mußte man nicht eigens führen. Jeder Autofahrer kennt dies seit Urzeiten aus eigener Beobachtung. Kartellrechtlich scheint sich dagegen sowieso nichts unternehmen zu lassen.

Außer höheren Administrationskosten für Tankstellen und mehr Transparenz wurde nichts erreicht. Was nützt es den Bürgern, wenn sie erkennen, daß das Benzin 20 Minuten entfernt fünf Cent weniger kostet, sie aber gar nicht die Zeit haben, dorthin zu fahren? Selbst wenn nur der neue gesetzliche Mindeststundenlohn zugrunde gelegt und dann noch den Kraftstoffverbrauch eingerechnet wird, ist es in den allermeisten Fällen unwirtschaftlich und ökologisch unverantwortlich, sich zeitraubend und kilometerfressend zum Tanken auf Schnäppchenjagd zu machen. Das Resultat ist ein frustrierter Bürger, der weiß, daß er zuviel bezahlt und doch nichts dagegen machen kann. Transparenz macht unglücklich. Sie führt bloß die eigene Ohnmacht vor Augen.

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