© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/14 / 08. August 2014

Gesagt – gemeint
Exklusiv: Für alle, die Dinge lieber nicht beim Namen nennen / Das fast ernst gemeinte Wörterbuch der neuen politisch korrekten Sprache
Michael Paulwitz

Das Jahr 1984 ist nunmehr drei Jahrzehnte her. Aber der Große Bruder wacht selbstverständlich noch immer über das politisch korrekte Denken seiner Untertanen. Die elfte Auflage des Neusprech-Diktionärs, die im von George Orwell beschriebenen Jahr 1984 gerade fertiggestellt wurde, ist mittlerweile freilich auch schon wieder überholt. Für alle, die politisch etwas erreichen und nicht mal aus Gedankenlosigkeit ein Gedankenverbrechen riskieren wollen, bringen wir hier als exklusiven Vorabdruck Auszüge aus der demnächst erscheinenden zwölften Auflage des Neusprech-Diktionärs. Hinter jedem politisch korrekten Neusprech-Begriff ist erläutert, was künftig am besten nicht einmal mehr gedacht wird. Denn: deutsch = deutlich, das war gestern. Jetzt wird die Sprache neu veredelt ...

Aktivist, der: Krimineller, Gewalttäter oder Extremist mit korrekter Gesinnung.

Armutsmigration, die: Einwanderung in die Sozialsysteme aus Südosteuropa, Nordafrika und anderen Teilen der Welt, gern unter mißbräuchlicher Ausnutzung der Niederlassungsfreiheit in der EU.

Barrierefreiheit, die: Macht sogar aus dem Bau rollstuhlgerechter Gebäudezugänge eine emanzipatorische Großtat.

Beitragsanpassung, die: Passiert immer nur nach oben, klingt aber freundlicher als Preiserhöhung.

Benachteiligter, der: Ist jeder, der lautstark eine Extraportion fordert. Oder, noch besser, in dessen Namen sich eine solche einfordern läßt.

Bereicherung, die: Findet überall statt, wo →Fachkräfte oder →Jugendliche am Werk sind, selbst wenn diese nur sich selbst bereichern.

Betreuung, die: Bevormundung durch die Sozialindustrie, für die es gar nicht genug →Benachteiligte und →Minderheiten geben kann.

Bildung, die: Rechtfertigt jede Ausgabe und sogar die Verwahrung von Kleinstkindern in staatlichen Anstalten, damit die Eltern den ganzen Tag arbeiten und Steuern zahlen können. Feiert schon als Erfolg, wenn ein Schulabgänger Lesen, Schreiben und die Grundrechenarten beherrscht.

Biodeutscher, der: Hieß früher einfach nur „Deutscher“. Aber wenn jeder, der zufällig vorbeikommt, gleich zum →Mitbürger gemacht wird, braucht man natürlich einen erläuternden Zusatz.

Buntheit, die: Graue Einfalt, die in den Köpfen der Verherrlicher der →Vielfalt herrscht.

Diskriminierung, die: Meint eben nicht– im Wortsinn – Unterscheidung als Erkenntnisvoraussetzung, sondern Einsortieren in Gut und Böse.

Energetische Gebäudesanierung, die: Geldverschwendung zur Verschandelung von Altbauten.

Europa, europäisches →Projekt: Zerstörung der Nationalstaaten, damit die →Globalisierung freie Bahn hat.

Fachkräfte, die: Bezeichnet wahlweise importierte Lohndrücker oder z.B. als Ergebnis von →Armutsmigration gewonnene Kostgänger.

Geschlechtsnorm, die: Prangert die überholte Einteilung in die sozialen Konstrukte „Mann“ und „Frau“ an und muß selbstverständlich überwunden werden.

Gleichberechtigung, die: Systematische Verhätschelung und Bevorzugung von Gruppen, die erfolgreich einen Status als →Benachteiligte oder →Minderheiten reklamieren können. Siehe auch →positive Diskriminierung.

Globalisierung, die: Macht aus Bürgern und Individuen weltweit austauschbare Konsumenten und Produktionsfaktoren.

Jugendgewalt, die: Geht von →Jugendlichen aus und ersetzt den doppelplusunguten Altdenk-Begriff „Ausländergewalt“.

Jugendliche, der: Jungmohammedaner und andere Testosteronbolzen mit →Migrationshintergrund, die vor lauter →Benachteiligung gar nicht anders können, als →Biodeutsche tot oder zum Krüppel zu schlagen.

Kultur, die: Ist immer förderungs- und anbetungswürdig, sofern eine →Minderheit oder ein →Migrationshintergrund dahintersteckt.

Lernstandsbericht, der: Enthält keine Noten wie sein Vorläufer, das Zeugnis, redet dafür wortreich jeden Mangel an →Bildung schön.

Mehrheitsgesellschaft, die: War mal das Volk, das Staatsvolk sogar; jetzt nur noch ein Objekt der →Betreuung unter vielen, das sich noch dazu ganz hinten anstellen muß, weil es ja im Zweifelsfall an jeder →Diskriminierung schuld ist, die per definitionem immer aus ihrer Mitte kommt.

Menschenfeindlichkeit, die, gruppenbezogene: Weitet die Kampfzone gegen →Rassismus ins Unendliche aus.

Migrant, der: Ist leider nicht mehr unterwegs, wie das Gerundium der Allzweck-Wortprägung nahelegt, sondern schon angekommen, und zwar in der Regel in unserem Sozialsystem.

Migrationshintergrund, der: Macht den „Ausländer“ früherer Tage zu etwas irgendwie ganz Besonderem.

Minderheit, die: Muß man sein, oder wenigstens im Namen einer solchen sprechen, wenn man der →Mehrheitsgesellschaft seinen Willen aufzwingen will.

Minuszinsen, die: Elegante Umschreibung für die nächste Stufe der Sparer-Enteignung zum Wohle des Euro-→Projekts.

Mitbürger, der, mit →Migrationshintergrund: Ist oft gar kein Bürger und will häufig nicht mal mitmachen, soll aber trotzdem alle Rechte haben.

Mitte der Gesellschaft, die: siehe →Mehrheitsgesellschaft

Nazi, der: Ist die Verkörperung des Bösen und des Feindes schlechthin – der neue Emmanuel Goldstein, dem wir unseren täglichen „Fünf-Minuten-Haß“ voll Verachtung entgegenschleudern.

Nichtregierungsorganisation, die: Lobbyverein, der Steuergeld vom Staat nicht direkt bekommt, sondern über allerlei Umwege, weswegen er selbstverständlich völlig unabhängig und hochmoralisch ist.

Nullwachstum, das: Erkennt sogar im Stillstand den unaufhaltsamen Fortschritt.

Öffentlich rechtlicher Rundfunk, der: Wenn man so tut, als wäre er unabhängig, kann man für die politisch korrekte Berieselung durch den parteiendominierten Staatsfunk auch noch saftige Zwangsgebühren kassieren.

Outsourcing, das: Versüßt mit flottem Klang dem Arbeitslosen, der gefeuert wurde, weil jemand anders seine Aufgabe billiger erledigt, seinen neuen Status.

Phobie, die: Wer einen Muslim oder Homosexuellen kritisiert, leidet automatisch an Islam- oder Homo-Phobie und gehört therapiert. Oder raus, egal wohin, wie die anderen →Nazis in der →Mitte der Gesellschaft.

Positive Diskriminierung, die: Soll durch das vorangestellte Attribut erfreulich klingen, bleibt aber immer noch →Diskriminierung – auch wenn sie amerikanisch als „Affirmative Action“ daherkommt.

Projekt, das: Wehe, wenn wieder mal eines verkündet wird: Dann wird’s teuer.

Rassismus, der: Geht immer nur vom →Biodeutschen aus; wer letztere aus seinem →Migrationshintergrund heraus verachtet, gibt immer nur zuvor erlittene →Benachteiligung zurück.

Refugee, der: Illegaler Einwanderer, vorzugsweise als Asylbewerber getarnt, der sich sein Stück vom Kuchen holen will. Macht aus dem mitleidheischenden „Flüchtling“ eine moralische Instanz, die nicht bittet, sondern fordert, und das mit vollem Recht.

Resozialisierung, die: Ist unendlich viel wichtiger als Sühne oder Strafe, denn sie macht auch den Straftäter zum Objekt der →Betreuung.

Sexarbeiterin, die: Ist immer noch eine Prostituierte, auch wenn der Neusprech-Begriff nahelegen soll, daß sie einen ganz normalen Beruf ausübt. Die geschätzten Umsätze aus dieser Branche werden vom Wahrheitsministerium nämlich benötigt, um die Statistiken zum Bruttoinlandsprodukt nach oben zu frisieren.

Sinti und Roma, die: Hießen im Altsprech mal einfach nur Zigeuner und nennen sich selbst meist immer noch so. Außer natürlich ihre Lobby-Funktionäre, die davon leben, im Namen einer diskriminierten →Minderheit gegen →Rassismus zu kämpfen.

Solidarität, die, europäische: Ausplünderung der Steuerzahler, insbesondere der deutschen, zum Wohle von Finanzindustrie und Schuldenpolitikern.

Steuersünder, der: Ich bin der Fiskus, dein Herr und Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Liefere dein Geld ab und sündige hinfort nicht mehr.

Südländer, der: Meint nicht den netten italienischen Eisverkäufer und auch nicht den Sirtaki tanzenden Tavernenwirt beim Griechen um die Ecke, sondern einen türkischen →Mitbürger, besonders wenn er im Polizeibericht auftaucht.

Toleranz, die: Wird von denen, die sie lautstark bei jeder Gelegenheit einfordern, selbst am wenigsten geübt.

Verhaltensoriginell ist der Verhaltensauffällige, dem wir bloß nicht zu nahe treten wollen.

Vielfalt, die, insbes. „kulturelle“: Ist dann hergestellt, wenn auf dem Schulhof nur noch türkisch gesprochen und in Mensen und Kantinen nur noch schariakonform oder wenigstens vegan verköstigt wird.

Wirtschaftliche Zusammenarbeit, die: Tut so, als wäre „Entwicklungshilfe“ ein Geschäft zum beiderseitigen Vorteil, selbst wenn ihr einziger Effekt darin besteht, Drittwelt-Potentaten lästige Ausgaben für Infrastruktur und Versorgung der eigenen Bevölkerung abzunehmen, damit ihnen mehr Geld für Panzer und Luxusgüter bleibt.

Zivilcourage, die: Zeigt jeder, der in der großen Herde mitläuft und vorgefertigte →Buntheit-Parolen gegen →Nazis und →Rassismus blökt.

Zivilgesellschaftliches Engagement, das: Freibrief für Straftaten, Rechtsbrüche und eigenmächtige Gewaltanwendung – natürlich nur, wenn es gegen den →Nazi geht.

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