© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/14 / 08. August 2014

Nur Streicheln erlaubt
Deutsches Gold: Die Bundesbank will den milliardenschweren Schatz aus New York und Paris Schritt für Schritt heimholen – die Kritiker bleiben skeptisch
Peter Boehringer

Der Druck der Medien für mehr Transparenz im deutschen Goldbestand treibt die Kommunikation von Regierung und Bundesbank zu immer neuen Blüten. „Die Amerikaner passen gut auf unser Gold auf. Objektiv gibt es keinen Grund zum Mißtrauen“, versuchte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle, die Gemüter zu beruhigen. Sein Parteifreund Jürgen Hardt, Koordinator der Bundesregierung für die transatlantische Zusammenarbeit, wollte gleich jeden Anspruch Deutschlands auf Rückführung des Goldes aufgeben. Die Bundesbank startete Mitte Juli zum Tag der offenen Tür eine Charmeoffensive und präsentierte genau einen Goldbarren. Nur Streicheln war erlaubt.

Der Vorstand meinte ernsthaft, so die Existenz der 3.400 Tonnen deutschen Goldes demonstrieren zu können. Journalisten feixten: „Man stelle sich vor, ein Unternehmer legte seinem Banker als Bonitätsnachweis triumphierend einen frischen 50-Euro-Schein auf den Schreibtisch: Der ist wirklich echt. Sie können ihn ruhig mal anfassen. Ich habe noch viel mehr davon, in einem Tresor hinter den sieben Bergen.“ Um letzte Zweifel zu zerstreuen, ließ die Zentralbank auf Focus Online ein Video verbreiten, das vermeintlich zwei Prozent des deutschen Goldschatzes in den Frankfurter Tresorräumen zeigt – vorausgesetzt, keiner der gezeigten etwa 6.200 Barren hat per Doppel- und Mehrfacherfassung auf unterschiedlichen Bankbilanzen mehrere Eigentümer, was im globalen „fractional gold banking“-System legal wäre.

Während die Bundesbank die öffentliche Zurschaustellung nach über 50 Jahren des Vernebelns als generöses Zugeständnis an ihre Kritiker wertet, pochen Wirtschaftsprüfer auf eine gründliche Inventur. Noch immer gibt es keinerlei Belege, daß das deutsche Auslandsgold wirklich vollständig und physisch abgegrenzt von anderen Tresorbeständen vorhanden ist, daß es der Deutschen Bundesbank buchhalterisch anhand von eindeutigen Barrennummern sauber zugerechnet werden kann und die Barren nicht durch Verleihung mehrere Eigentümer haben.

Goldexperten meinen, nur ein Audit und vor allem die Heimholung der Barren könnten dies gewährleisten. Das fordert auch die Bürgerinitiative „Holt unser Gold heim!“, die vor allem mit dem Zeitplan der Bundesbank hadert. Die deutsche Zentralbank will bis 2020 mehr als die Hälfe des Goldschatzes im Wert von aktuell 102 Milliarden Euro aus New York und Paris heimholen (JF 30/14). Daß die Barren aus Transportgründen zuvor umgeschmolzen werden sollen, ist Wasser auf die Mühlen der Skeptiker. Bundesbankvorstand Carl-Ludwig Thiele versprach vollmundig: „Wir liegen gut im Zeitplan.“

 

Peter Boehringer ist Vorstand der Deutschen Edelmetall-Gesellschaft e. V. und Mitglied der Hayek-Gesellschaft. Er schreibt regelmäßig unter www.goldseitenblog.com

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