© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/14 / 08. August 2014

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Die wenigsten Besucher der diesjährigen Berliner Tattoo-Convention in der Arena Trepow tragen nur einen kleinen Schmetterling auf der Schulter oder eine Rose über dem Fußknöchel. Die Mehrzahl präsentiert sich mit mehr als einer Tätowierung und auch großflächigeren Körperbildern. Trotzdem findet sich immer noch ein Fleckchen Haut, das verziert werden kann. So sitzen oder liegen gegen Mittag des zweiten Messetages an den meisten Ständen Menschen, die sich ein neues Tattoo stechen lassen, auf Schulter, Rücken oder Brust, Ober- oder Unterarme, Ober- oder Unterschenkel. Die Motive sind so vielfältig wie ihre Träger in puncto Geschlecht, Alter und sozialer Herkunft unterschiedlich. Das Summen und Brummen der Tätowiermaschinen erzeugt einen Grundton, der mich noch lange nach dieser 24. Ausgabe der Internationalen Tattoo-Convention begleitet.

Im Rauschzustand schält sich der Kern heraus.

Laut der Studie „Tattoo & Piercing in Deutschland 2014“ der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Auftrag von Medizinern der Ruhr-Universität Bochum und verschiedener Tattoo- und Piercing-Verbände trägt inzwischen etwa jeder Elfte (9 Prozent) ab 16 Jahren eine Tätowierung. In der Altersgruppe der 25- bis 34jährigen sind es mit 22 Prozent mehr als doppelt so viele. Die Tattoo-Träger kommen aus allen Gesellschaftsschichten, ein Zusammenhang mit der Schulbildung ließ sich nicht feststellen. Für die GfK-Erhebung wurden Ende März, Anfang April dieses Jahres 2.000 deutschsprachige Männer und Frauen befragt. Nach einer zwei Jahre älteren Emnid-Umfrage im Auftrag der Bild am Sonntag soll jeder Zehnte ab 14 Jahren ein Tattoo haben. Die meisten Tätowierten finden sich danach unter den 30- bis 39jährigen. In dieser Gruppe trägt fast jeder Vierte (23 Prozent) ein Körperbild.

„Was machst du?“ – „Ich bin beschäftigt.“ – „Womit?“ – „Ich schaue dem Regen beim Regnen zu.“

Sprachengewirr: Die etwa 250 Tätowierer auf der Messe kommen aus halb Europa, von Norwegen bis Spanien und Italien, von Frankreich bis Estland, sehr viele aus Rußland, aber auch aus den USA, Tahiti, Südafrika, China, Japan. Daß keiner des andern Sprache verstehe, ist hier jedoch nicht der Fall. Im Zweifel radebrechen Kunden und Tätowierer auf englisch.

Schöne Grabinschrift: Es war das falsche Leben.

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