© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/14 / 08. August 2014

Große Autos, dicke Hose, wenig Nutzen
„Sport Utility Vehicles“: Die unpraktischen Spritschlucker sind trotz horrender Benzinpreise so gefragt wie nie
Andreas Harlass

Sie saufen wie die Löcher, passen in kaum eine Parkhauslücke und werden doch seit Jahren immer häufiger auf deutschen Straßen. Trotz unverschämt nach oben schnellender Benzinpreise und engen Städten sind die sogenannten SUV-Autos im Kommen. Als Erklärung für Rad- und Kleinwagenfahrer: Das sind die Kisten mit dem extrem dicken Hintern, hohem Heck und beispielsweise einem ML, GL, Q oder X auf der Achterklappe. Sie sehen zwar aus wie Geländewagen, sind es aber nur bedingt. Auffällig auch dabei: Oft sitzen Frauen hinterm Steuer, die von Anwälten oder Zahnärzten. Meist zwischen 30 und 50 Jahre alt. Die haben dann die zum Auto passenden teuren Klamotten am Leib und fahren oft nicht viel weiter als zum nächsten Supermarkt, zum Lunch mit der Freundin, zum Tennistraining, den Sprößling einsacken oder zum Hort.

Zuflucht in der überwachten Tiefgarage

Das Gefährt nennt die Jugendsprache darum „Hausfrauenpanzer“, SUV ist die englische Abkürzung für „Sport Utility Vehicle“, was auf deutsch schlicht mit Sport- und Nutzfahrzeug übersetzt werden kann. Laut Kraftfahrt-Bundesamt wurden allein im Jahr 2012 knapp 430.000 davon in Deutschland zugelassen. Soviel wie noch nie! Im Jahr 2000 waren es noch magere 97.199.

Was also treibt jemanden an, in diesen Benzin-Horrorpreis-Zeiten sich so eine Kiste zu kaufen? Eine Bemerkung vorab: Das hier wird keine Neiddebatte. Neid gehört zu den sieben Todsünden. Aber was ist mit Vernunft? Nicht nur Luxus-Kfz-Steuer, auch linksradikale Luxusfeinde, die solche Karren bevorzugt zerkratzen, verbrennen, anschmieren oder bewerfen, sind ein Problem des SUV-Besitzers, wenn er nicht weit weg von der Großstadt, in Dörfern oder Vorstädten, fernab des real existierenden Pöbels, wohnt. Und genau dort ist auch die Fahrerschaft der Sport- und Nutzfahrzeuge – oder eben des SUV – meist zu Hause. Der Preis für so eine Karre beginnt, je nach Typ und Ausstattung, bei etwa 50.000 Euro. Nach oben offen. Logisch. SUV-Käufer wollen zeigen: Wir haben die Knete übrig und müssen auch nicht in einer Gegend wie Berlin-Neukölln, Duisburg-Marxloh oder Leipzig-Connewitz wohnen. Diese Autos senden ein deutliches Signal: Wir haben es geschafft! Wir sind der verneideten, vergammelten, überfremdeten Großstadt-Zone entronnen.

Natürlich gibt es SUVs auch in der Stadt. Nur: Deren Fahrer haben dann zu 95 Prozent ein Penthouse oder eine Eigentumswohnung mit sicherer, überwachter Tiefgarage, wo das Schmuckstück weitgehend sicher vor Attacken schlummern darf, bevor es morgens zum Brötchenholen oder Golfschläger-Transport ausgeparkt wird.

Die Crux ist nur: Auch SUV-Fahrer sind neidisch. Weil SUVs zwar gerade „in“, aber eben auch nicht das Super-Statussymbol sind. Wenn der BMW X3-Fahrer vom Porsche Cayenne, vom 911er oder vom Panamera auf der A 8 überholt wird, beugt er auf der Autobahn bedeutungsschwer das Haupt Richtung Frau und erklärt mit überzeugend gespielter Überlegenheit: „Schatz, es ist doch so viel vernünftiger.“ Weil ein SUV, wie er selbst gerade einen hat, nur 10 statt 25 Liter säuft: „Für die Umwelt ist es nun mal besser als so eine Protzkiste ...“

Wer einen richtigen, wirklichen Geländewagen fährt und ihn auf dem Acker, im Wald, bei der Jagd dann auch benötigt und entsprechend malträtiert, hat keinen SUV, sondern eine G-Klasse (keinen ML oder GL!), einen Lada Niva (absoluter Kultwagen bei Rußland-Fans) oder einen genieteten Defender von Land Rover (keinen Range Rover) unter dem Sitz. Diese Autos werden auch selten von Zahnarztfrauen gefahren. Dafür sind sie nämlich viel zu ruppig. Aber es sind eben auch echte Geländewagen – und keine SUVs.

Foto: Schöne Beine vor verschwenderischem Blech: Keine Neiddebatte wegen der SUVs! Aber man wird ja mal fragen dürfen, ob die sinnvoll sind ...

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