© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/14 / 15. August 2014

Er prägte das Musikleben
Klassik: Ferenc Fricsay zum 100. Geburtstag
Wiebke Dethlefs

Seine musikalische Karriere währte nur wenige Jahre, doch waren diese so voller Triumphe, wie es nur wenigen Dirigenten seiner Generation beschieden war. Wenngleich Ferenc Fricsay heute bei vielen Musikfreunden aus dem Gedächtnis geschwunden ist, darf darüber nicht vergessen werden, welche ungeheuer bedeutende Rolle er für das Musikleben im Nachkriegsdeutschland spielte.

Fricsay war ein Interpret voller Stilgefühl, Energie, absoluter Werktreue und insbesondere voller Perfektionismus – in letzterem sich von der romantischen Schule beispielsweise Furtwänglers deutlich unterscheidend. In nur dreizehn Jahren zwischen 1948 und 1961 prägte er insbesondere das Musikleben Berlins.

Klassik in die Wohnstuben gebracht

Am 9. August 1914 in Budapest geboren, übernahm er nach einem Konservatoriumsstudium 1934 die Szegediner Philharmoniker, denen er bis 1945 vorstand. Noch im gleichen Jahr dirigierte er erstmals an der Budapester Staatsoper und leitete auch die Wiener Philharmoniker. 1949 ging er nach Berlin als Generalmusikdirektor der Städtischen Oper und Chefdirigent des RIAS-Symphonieorchesters. Rasch wurde er zu einer zentralen Persönlichkeit beim Wiederaufbau des deutschen Musiklebens. Fricsays Schallplattenaufnahmen brachten Werke der musikalischen Klassik erstmals direkt in die Wohnstuben des Bildungsbürgertums – kein Dirigent hatte bis zu dieser Zeit sich so intensiv dem neuen Medium Schallplatte gewidmet. Im Herbst 1958 mußte er seine Arbeit durch die Diagnose Magenkrebs jäh unterbrechen. Ein Jahr dauerte die Rekonvaleszenz, bis er im September 1959 mit dem Radio-Symphonieorchester Berlin den neuen Konzertsaal in der Masurenallee einweihte. Zwei Jahre später studierte er Mozarts „Don Giovanni“ zur Eröffnung der Deutschen Oper Berlin ein. Im November des gleichen Jahres dirigierte er zum letzten Mal. Dann versagten ihm die Kräfte; er starb am 20. Februar 1963.

Viele von Fricsays Aufnahmen gelten heute bei Kennern als Referenzaufnahmen. Zu seinem hundertsten Geburtstag würdigt ihn die Deutsche Grammophon mit einer preisgünstigen, 45 CDs umfassenden Sonderausgabe aller Orchesterwerke, die er für dieses Label eingespielt hat. Ihr soll eine vollständige Edition aller Vokalwerke und Opern folgen.

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