© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/14 / 29. August 2014

Meldungen

Empörung über Dawkins Abtreibungsplädoyer

OXFORD/KONSTANZ. Der Evolutionsbiologe Richard Dawkins (Oxford) hat mit seinem Plädoyer für die Abtreibung von Kindern mit Trisomie 21 (Down- Syndrom) eine Welle der Empörung ausgelöst. Der international prominente Atheist und Buchautor („Der Gotteswahn“) sieht sich nicht nur heftiger Kritik von Lebensrechtlern, Religionsgemeinschaften und Behindertenverbänden ausgesetzt, sondern auch von ihm weltanschaulich nahestehenden Humanisten. Inzwischen hat sich Dawkins für „Mißverständnisse“ entschuldigt, behauptet aber gleichzeitig, daß ihn viele Kritiker absichtlich mißverstehen wollten. Ihm gehe es darum, Glück zu vermehren und Leiden zu verringern, schreibt er in seinem Blog. Aus seiner Sicht könne die Entscheidung, ein Kind mit Down-Syndrom zur Welt zu bringen, wenn die Möglichkeit bestehe, es in einem frühen Stadium der Schwangerschaft abzutreiben, im Blick auf das Wohlergehen des Kindes „unmoralisch“ sein. Dawkins hatte einer Frau, die sich vor einer Down-Syndrom-Diagnose in der Schwangerschaft fürchtete, über den Kurznachrichtendienst Twitter geraten: „Treiben Sie ab und versuchen Sie es noch einmal. Es wäre unmoralisch, es zur Welt zu bringen, wenn Sie die Wahl haben.“ Danach hatten zahlreiche Eltern Bilder von ihren Kindern mit Trisomie 21 ins Internet gestellt und Dawkins gefragt, ob er diese für „nicht lebenswert“ halte. Die US-amerikanische Lebensrechtlerin Lila Rose nannte es „krank“, Kinder mit Behinderung umbringen zu wollen. Die Äußerungen des Evolutionsbiologen stigmatisierten Menschen mit Behinderungen. In Deutschland kritisiert unter anderem neben der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) auch die Humanistische Alternative Bodensee (HABO) Dawkins’ Haltung scharf. „Diese Definition von Moral und Ethik kann und darf kein Konsens werden“, erklärte ihr Sprecher, Dennis Riehle (Konstanz) der selbst an einer genetisch bedingten Erkrankung leidet. Derartige Ansichten entsprächen nicht dem humanistischen Menschenbild. Für Dawkins sei die Diagnose Down-Syndrom „offenkundig ausreichend, um über Wertigkeit von Leben zu urteilen“. Eine solche Position führe unweigerlich zur Selektion menschlichen Lebens. Tatsächlich erblicken in Deutschland nur etwa fünf Prozent jener Kinder das Licht der Welt, bei denen das Down-Syndrom festgestellt wurde. Die anderen werden abgetrieben. In Deutschland leben schätzungsweise rund 50.000 Menschen mit Trisomie 21. (idea/JF)

 

Sprachpranger

„Lärm ist out

Danke und Gute Fahrt“

Hinweisschild auf der Landesstraße 331 bei Martfeld in Niedersachsen

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen