© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/14 / 29. August 2014

Knapp daneben
Wer holt den fünften Stern?
Karl Heinzen

Am nächsten Mittwoch wollen Lionel Messi und seine zehn Ergänzungsspieler in der Arena von Düsseldorf demonstrieren, daß die Deutschen ihren WM-Titel nur einem glücklichen Zufall zu verdanken haben. Für eine echte Revanche ist es zu spät. Einige Weltmeister haben sich aus Joachim Löws Team abgemeldet und werden an diesem Abend nicht mehr auflaufen.

Der erste, der von Bord ging, war der Kapitän. Der 30jährige Philipp Lahm ist zwar noch nicht in einem Alter, in dem man an Rücktritt denkt, doch scheint ihm das schlechte Beispiel imponiert zu haben, das die spanischen Seniorenkicker bei der WM abgaben. Mit Miroslav Kloses Entscheidung mußte gerechnet werden. Wäre Deutschland in Brasilien gescheitert, hätte die Mannschaft aber, fit und torgefährlich, wie Klose mit 36 noch ist, 2018 in Rußland nochmals auf ihn zählen können.

Per Mertesackers Abschied hingegen ist ein Rätsel. Vielleicht wollte er als jüngster Spieler, der freiwillig die Karriere in der Nationalmannschaft beendete, in die Geschichte eingehen.

Auf den U-19-Kader zu setzen, wäre kurzsichtig, denn statistisch wird Deutschland alle 20 Jahre Weltmeister.

Werden nun weitere Weltmeister diesen Beispielen folgen? Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski gehören ebenfalls zur abtretenden „goldenen Generation“, und auch Toni Kroos, Sami Khedira und Mesut Özil werden beim nächsten WM-Turnier um die 30 Jahre alt sein. Ein Mario Götze dürfte nicht noch einmal in einem Endspiel den Siegtreffer erzielen können. Erik Durm und Matthias Ginter wurden in jungen Jahren Weltmeister, ohne auch nur eine einzige Partie gespielt zu haben. Sie können sich ausrechnen, wie unwahrscheinlich es ist, daß sie als Akteure auf dem Platz den Titel in vier oder acht Jahren noch einmal holen.

Joachim Löw sollte daher gleich alle bisherigen Spieler ausmustern und auf den Kader setzen, der soeben U-19-Europameister geworden ist. Dies wäre jedoch kurzsichtig. Statistisch betrachtet wird Deutschland alle 20 Jahre Weltmeister. Diejenigen, die 2034 an der Reihe sind, lernen gerade laufen. Für den Griff nach dem fünften Stern wird Löw seine Scouts daher in die Bambini-Mannschaften von heute aussenden müssen.

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