© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/14 / 05. September 2014

Historische Musikinstrumente sind eine solide Wertanlage
Geige schlägt Sparbuch
Markus Brandstetter

Wer eine Stradivari besitzt, hat finanziell ausgesorgt. Ähnlich dem Glückspilz, der auf dem Dachboden einen van Gogh findet. Eine Bratsche von Stradivari bietet das Auktionshaus Sotheby’s für 35 Millionen Euro an. Das ist die bislang höchste Taxe für eine Stradivari überhaupt, aber drei, vier Millionen Euro kostet ein Instrument von Stradivari mindestens, und die Preise steigen von Jahr zu Jahr.

Und das gilt nicht nur für Instrumente aus dem Hause Stradivari, nein, für die Instrumente der Nachbarn der Stradivaris, die Amatis und die Guarneris, werden heutzutage ähnlich hohe Preise bezahlt. Ein anonymer Spender hat die „Mona Lisa“ unter den Geigen, die „Vieuxtemps Guarneri“ aus dem Jahre 1741, für schlappe 18 Millionen Dollar erworben, um der US-Geigerin Anne Akiko Meyers ein lebenslanges Spielrecht einzuräumen.

Wer Platz für einen Flügel in seiner Wohnung hat, kann auch damit Geld verdienen. Der amerikanisch-deutsche Klavierhersteller Steinway ist sich der zukünftigen Preisentwicklung seiner Instrumente so sicher, daß er bereits heute mit einer jährlichen Preissteigerung von vier Prozent rechnet. Nach Berechnungen von Steinway wird ein Steinway D-Flügel, der heute neu 107.000 Euro kostet, in drei Jahren bereits 121.000 Euro wert sein und sich 2032, also nach 18 Jahren, für sagenhafte 218.000 Euro verkaufen lassen. In 18 Jahren hat das Instrument also 112.000 Euro an Wert gewonnen, was einem Wertzuwachs von 6.200 Euro pro Jahr entspricht. Das schlägt jede Lebensversicherung und jeden Sparvertrag.

Woran liegt das eigentlich, daß Meisterinstrumente eine derart hohe Wertsteigerung aufweisen? Bei ganz alten Instrumenten berühmter Hersteller spielt der Nimbus des Alten, die oft bis heute unerreichte Handwerkskunst der Instrumentenbauer eine Rolle. Vor allem die Knappheit des Angebots hat ihren Preis. Es gibt eben nur 650 Stradivaris auf der ganzen Welt – und keinen Nachschub. Der nächste Grund ist die stetig steigende Nachfrage: Immer mehr Geiger, Multimillionäre und reiche Sammler, aber auch Stiftungen und Großunternehmen wollen eines der originalen Instrumente der Cremoneser Geigenbauer erwerben – eine Million Euro rauf oder runter fällt dabei gar nicht ins Gewicht.

Bei Klavieren werden die Preise durch das Verlangen nach echter Handwerkskunst getrieben. Die meisten Klaviere auf der Welt werden heute in China hergestellt, zumeist maschinell in Fabriken produzierte Klapperkisten, die es mit einem Steinway, einem Blüthner, Bechstein, Bösendorfer oder Fazioli nicht im Entferntesten aufnehmen können.

Für Menschen mit Kunstsinn kann der Kauf eines guten historischen Instruments – und das muß keineswegs eine Stradivari sein, eine deutsche Meistergeige langt hier vollkommen – eine sehr solide Wertanlage darstellen.

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