© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/14 / 19. September 2014

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Das pralle Leben
Marcus Schmidt

Einmal im Jahr rückt der Lebensschutz im Berliner Regierungsviertel in den Mittelpunkt des Interesses. Nicht etwa, weil dann im Bundestag eine Generaldebatte zum Thema auf der Tagesordnung stünde, sondern weil Abtreibungsgegner aus ganz Deutschland ihren Protest gegen die deutsche Praxis des Schwangerschaftsabbruch in die Hauptstadt tragen.

Bereits zum zehnten Mal werden sich an diesem Sonnabend mehrere tausend Lebensschützer unter dem Motto „Ja zum Leben – für ein Europa ohne Abtreibung und Euthanasie“ vor dem Bundeskanzleramt (13 Uhr) versammeln und anschließend am Reichstag vorbei mit Hunderten weißen Kreuzen durch Berlin ziehen. Die vom Bundesverband Lebensschutz organisierte eindrucksvolle Demonstration, deren Teilnehmerzahl in den vergangenen Jahren ständig gewachsen ist, polarisiert das politische Berlin seit Jahren. Während Politiker der Union den „Marsch für das Leben“ regelmäßig mit Grußworten unterstützen und daran teilnehmen, stoßen die Lebensschützer bei den anderen Fraktionen zumeist auf harsche Ablehnung.

Ende August veröffentlichte die Bundesregierung die Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion. Die Fragesteller wollten unter anderem detaillierte Auskünfte über die Veranstalter und die Teilnehmerzahl der vergangenen Jahre erfahren. Mit der Antwort dürfte die Linkspartei nicht zufrieden gewesen sein. „Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor“, lautete die Antwort auf die meisten Fragen. Die sparsamen Auskünfte der Bundesregierung werden die Veranstalter mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen. Zu groß ist die Gefahr, daß über den Weg der parlamentarischen Anfrage Informationen an die Öffentlichkeit und damit an die Gegendemonstranten gelangen, die den Demonstrationsverlauf gefährden könnten.

Denn auch in diesem Jahr mobilisieren wieder Linksextremisten gegen die Lebensschützer. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu gewalttätigen Angriffen. Teilnehmer der Demonstration wurden beschimpft, bespuckt und geschlagen; Holzkreuze wurden ihnen entrissen und in die Spree geworfen. Die Linksextremisten werfen den Veranstaltern vor, mit dem Marsch für das Leben „reaktionäres Gedankengut“ zu verbreiten. Vor allem, daß Mitglieder von Lebensschutzorganisationen gemeinsam mit Politikern von AfD, CDU, CSU und Junger Union auftreten, ist ihnen ein Dorn im Auge. „Bei einer derartigen Anhäufung rechten und reaktionären Gedankenguts ist es um so wichtiger, daß wir uns den sogenannten Werten, die auf dem Marsch für das Leben und durch seine UnterstützerInnen vermittelt werden, widersetzen“, schreibt die Sprecherin des linksextremistischen Bündnisses „What the fuck“, Sarah Bach, auf der Seite der Lebensschutzgegner.

Wie in den vergangenen Jahren werden sich die Teilnehmer des Marsches für das Leben von den zu erwartenden Störversuchen kaum beeindrucken lassen.

www.marsch-fuer-das-leben.de

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