© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/14 / 19. September 2014

Grüße aus Tokio
Auf den Hund gekommen
Albrecht Rothacher

Nichts lieben Ostasiaten mehr als das Essen. Um so erstaunlicher ist es, daß Weltreisende noch im 19. Jahrhundert die dortige Küche für durchgehend ungenießbar hielten und lieber ihr eigenes Essen und – sofern die Möglichkeit bestand – sogar eigene Köche mitbrachten.

Oft ist die lokale Kost tatsächlich stark gewöhnungsbedürftig. Daß Vietnamesen und Koreaner Hunde verspeisen, ist hinlänglich bekannt. In manchen japanischen Küstenstädten stehen Wal- und Delphinfleisch auf der täglichen Speisekarte. Auf den Nachtmärkten und in den sogenannten „food courts“ auf Taiwan werden lebende Frösche und Schildkröten angeboten, die sich der Gast fritieren oder in Suppen verwandeln lassen kann.

Der exotische Geschmack bietet auch Europäern unverhoffte Gewinnchancen. So werden jede Menge Schlachtabfälle tiefgefroren aus der Europäischen Union nach China exportiert – von Schweineköpfen bis Hühnerkrallen –, um vor Ort zu Delikatessen verarbeitet zu werden. Andere Länder, andere Sitten.

Das buntgemischte Mahl wird derweil mit viel Bier heruntergespült.

Kurztrip nach Taipeh. In Taiwans Metropole ist das Essen außer Haus eine feste Tradition. Es ist oft billiger, als selbst zu kochen. Die Familie sitzt in einem „food court“ und jeder holt sich sein Lieblingsessen von den umliegenden Ständen, die von früh bis spät unermüdlich am Kochen und Brutzeln sind.

Die Gerüche sind stark und die Hygiene oft abenteuerlich. Das stört aber niemanden. Das ganze Essen wird dann in der Tischmitte plaziert und jeder langt bei lautstarken Konversationen herzhaft zu. Bei Chinesen darf vor allem fritiertes Schweinefleisch, Ente sowie gekochtes Huhn und Rindfleisch zum Reis und Kohl nicht fehlen.

Je mehr Fleisch, desto besser. Daß ein Großteil der Chinesen angesichts der fetttriefenden Kost noch einigermaßen schlank daherkommt, erstaunt. Das buntgemischte Mahl wird derweil mit viel Bier heruntergespült.

Am Ende der unvermeidliche Gang zum stillen Örtchen, der auf Taiwan – ebenso wie in Japan – stets eine positive Überraschung ist. Im Gegensatz zu den papierlosen Pestilenzhöllen auf dem chinesischen Festland sind sie fast immer picobello sauber.

In einem Weltzivilisationsindex der Toilettenhygiene sind beide Länder bestimmt Spitze – Deutschland dagegen in seinen öffentlichen Anlagen sicherlich nicht.

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