© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/14 / 26. September 2014

Zeitschriftenkritik: Opus
Todsünde Neid
Werner Olles

In Deutschland ist die höchste Anerkennung der Neid“, schrieb der Kulturphilosoph Schopenhauer einst. Ähnlich sah es der Zeichner und Schriftsteller Wilhelm Busch: „Der Neid ist die aufrichtigste Form der Anerkennung.“ Opus, das zweimonatlich erscheinende Kulturmagazin für Rheinland-Pfalz, das Saarland, Lothringen, Luxemburg, Rhein-Main und Rhein-Neckar, widmet daher in seiner aktuellen Ausgabe (Nr. 45, September/Oktober 2014) dem Neid sein Schwerpunktthema. So gesteht Chefredakteur Klaas Huizing in seinem Editorial, daß die eigene Biographie von „latenten Neidattacken“ leider nicht ganz frei ist und sich auf Güter, Frauen und Ansehen richtete. Doch muß die Frage erlaubt sein, ob sich nicht auch große kulturelle und ökonomische Leistungen aus einem verdeckten Neid speisen. Die Zeitschrift versucht sich daher in mehreren Beiträgen der oft unterschätzten Todsünde Neid kritisch anzunähern und gelangt dabei zu recht erstaunlichen Beobachtungen und Resümees.

So kennt beispielsweise der griechische Götterhimmel mit seinen überirdisch-unterirdischen Verstrickungen das Phänomen Neid durchaus, während im monotheistischen Himmel jüdisch-christlicher Glaubenskultur der Neid eher unbekannt ist. Biblisch verstärkt in der Weisheitsliteratur und beschrieben in den Erzvätergeschichten ist der Neid im Unterschied zum Zorn, zur Scham, zur Furcht und zum Stolz an seinen komplexen körperlichen Ausdrucksformen meist gut zu erkennen. Das alte Testament spricht vom „bösen Blick“, und in der Ikonographie wird der Neid als verzerrter, verschlagener Blick verdichtet.

Doch auch im Neuen Testament wird die Emotion Neid schlecht beleumdet und gar zur Todsünde erklärt, wenn der Mensch Gott die Göttlichkeit neidet. Seinen negativen Leumund hat er jedenfalls bis heute behalten, wenngleich selbst die moderne Verhaltensforschung nicht mit Sicherheit erklären kann, ob er eher aus einem Aufbegehren gegen die ungerechte Verteilung von Gütern und Ehre erwächst oder aus purem Egoismus. Die meisten Gelehrten votieren jedoch für die zweite Variante, denn in der Tat ist jener laut vorgetragene Neid, der sich aus Gerechtigkeitslücken speist, immer von Heuchelei und Doppelmoral bedroht. Das sah auch der Soziologe Helmut Schoeck so, der in seinem Opus magnum vor 40 Jahren die These vertrat, daß eine zu völliger Neidvermeidung tendierende Gesellschaft zu versteinern drohe und Fortschritt auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet somit unmöglich würde.

Der ausführliche Opus-Kulturkalender berichtet über Kunstausstellungen und kulturelle Veranstaltungen zwischen Metz und Frankfurt, Clervaux und Baden-Baden. Hervorzuheben sind hier die Ausstellung der Kunstschätze Wilhelms II. (1792–1849), König der Niederlande, in der Villa Vauban und die Schau „Euphorie und Untergang – Künstlerschicksale im Ersten Weltkrieg“ im Saarlandmuseum.

Kontakt:. Verlag Saarkultur, Saar-uferstr. 16, 66117 Saarbrücken. Das Einzelheft kostet 7,60 Euro, das Jahresabo 45 Euro. www.opus-kulturmagazin.de

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen