© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/14 / 26. September 2014

Blick in die Medien
Musiker mit Reifeverzögerung
Tobias Dahlbrügge

Um die Bestrahlung der Zuschauer mit Volkserziehung zu konzentrieren, sendet die ARD Themenwochen. Die nächste widmet sich im November nicht dem bunten Herbst oder den Sorgen des Mittelstands, sondern dem wichtigsten Thema für Jung und Alt: Toleranz! Der federführende Bayerische Rundfunk schwurbelt: „Toleranz ist gleichzusetzen mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die jeder unterschreiben muß.“

Dazu hat sich die ARD (Durchschnittsalter der Zuschauer: 60plus) ausgerechnet den 38jährigen Musiker Jan „Delay“ Eißfeldt als Maskottchen gewählt. In Ermangelung prominenterer Zugpferde beförderte der BR den Sänger aus Hamburg passend zu „einem der anerkanntesten deutschen Künstler“. Aha. Der Hip-Hop-Sänger mit der nervtötenden Quäkstimme fiel in seinen Presseinterviews allerdings bisher nicht gerade durch Toleranz auf.

Auf Nachfrage, wie Jan Delay mit der Themenwoche zusammenpasse, eiert der BR herum.

So identifizierte sich der Hip-Hopper mit dem „Schwarzen Block“ und äußerte, linke Terroristen seien „Idole“ für „Kids“. Später rechtfertigte er das Gesinnungsfaustrecht der „Antifa“ und erklärte, er „begrüße“ linksextreme Brandstiftungsserien. Eine weitere Kostprobe seiner Toleranz gab er, als er Heino als „Nazi“ beschimpfte (Preis: 20.000 Euro zuzüglich Gerichtskosten) und dabei ein gutes Beispiel für linke Bildungsreformen abgab, weil er den Operettensong „Es steht ein Soldat am Wolgastrand“ von 1927 fälschlicherweise in den NS-Staat einsortierte.

Auf Nachfrage, wie die Attitüde des Plattenstar-Revoluzzers mit dem Motto der Themenwoche zusammenpasse, eiert der Bayerische Rundfunk in seinem Antwortschreiben herum. Extreme Gesinnungen jedweder Art seien selbstverständlich nicht Ausdruck von Toleranz, beteuerte eine Sendersprecherin, gerade deshalb aber müsse darüber in unserer Gesellschaft diskutiert werden. Na dann.

„Delay“ bedeutet übrigens Verzögerung. Bezogen auf den Reifeprozeß des ARD-Paten stimmt damit ja alles wieder.

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