© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/14 / 26. September 2014

Eine Glaskugel für die Polizei
Algorithmen: Deutsche Polizeibehörden experimentieren mit einer Software, die Einbrüche voraussagen kann
Ronald Gläser

Alle dreieinhalb Minuten wird in Deutschland in eine Wohnung eingebrochen. Mit 149.500 registrierten Fällen ist die Zahl auf dem höchsten Stand seit 15 Jahren. Und die Erfolgsquote der Polizei ist niedrig: Nur 15,5 Prozent der Taten können aufgeklärt werden. Daher gehen verschiedene Bundesländer jetzt neue Wege: mit einer Software, die Einbrüche voraussagt.

Das Programm mutet gespenstisch an, ist aber bereits im Einsatz: Precobs. Das steht für Pre Crime Oberservation System (Straftatenvoraussagesystem). Es wurde vom Institut für musterbasierte Prognosetechnik in Oberhausen entwickelt und wird in Zürich verwendet. Dort seien 86 Prozent der Vorhersagen richtig gewesen, berichtet die Berliner B.Z.

Precobs ist der Traum jedes Ermittlers: Wie in dem Hollywoodstreifen „Minority Report“ mit Tom Cruise weiß oder ahnt die Polizei schon vorher, wo die nächste Tat erfolgen wird. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte zur in München anlaufenden Testphase: „Durch das neue Analyse-Instrument könnten wir Einsatzkräfte noch gezielter in die Brennpunkte steuern.“ Die Polizei läuft ab Oktober öfter dort Streife, wo neue Einbrüche erwartet werden.

Der Anbieter verspricht, damit beginne die „Polizeiarbeit der Zukunft“. Die Software nutzt Daten aus vergangenen Delikten, um ihre Prognosen abgeben zu können. Auch die Berliner Polizei ist interessiert, wie die Testphase in München läuft. Die Anschaffung der Software kostet 100.000 Euro.

Precobs ist nur eines von vielen neuartigen Werkzeugen der Polizei. Jüngste Erfindung einer Firma im US-Bundesstaat Virginia: ein Lasermeßgerät, das erkennt, ob ein Autofahrer gerade eine Textnachricht auf seinem Handy eingibt. Das ist in 44 US-Bundesstaaten verboten. In Deutschland auch.

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