© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/14 / 26. September 2014

Wenigstens für die Enkel
Rudolf Jansche erzählt die Geschichte Böhmens
Alexander Heimeran

Es soll kein Gras drüber wachsen. Das wünscht sich Rudolf Jansche, der ein Buch über die Geschichte der Deutschen in Böhmen und ihre Vertreibung verfaßt hat – in erster Linie für seine Enkel. Es handelt sich, so betont der Autor, um kein wissenschaftliches Buch. Jansche lockert seine gefällig geschriebene Geschichtserzählung auf, indem er als stilistischen Griff Dialoge mit seinen wißbegierigen Nachfahren einstreut.

Der Autor packt das Thema erfrischend unkonventionell an, indem er die Gründe und Voraussetzungen der Vertreibung in ihrer ganzen historischen Tiefe ausleuchtet, sie mithin nicht allein in der NS-Zeit sucht, wie es Unkundige gern behaupten. Er führt die Geschichte der Deutschen in Böhmen hinunter bis in die Zeit des Heiligen Römischen Reichs. Die Gegenseitigkeit der Feindseligkeiten, zu denen auch die Unterdrückung der Deutschböhmen, ihrer Sprache und Kultur in der Tschechoslowakei zählt, blendet er nicht aus.

Um Aufrechnung und Vergeltung geht es Jansche nicht, vielmehr möchte er zeigen, wie Versöhnung gelingen kann. Der Völkerrechtler und Historiker Alfred de Zayas betont im Vorwort des Buches die Vorbildlichkeit, mit der die deutschen Vertriebenen auf ihr schweres Schicksal reagierten: Nicht mit Gewalt, sondern indem sie die Zusammenarbeit mit den heutigen Bewohnern ihrer alten Heimat suchten. Eine Versöhnungsarbeit, die vor allem auf der unteren Ebene stattfindet.

Sie wird getragen von zahlreichen Initiativen wie dem Görkauer Freundeskreis, als dessen Sprecher Jansche fungiert und der gute Beziehungen zu seiner Geburtsstadt unterhält, die tschechisch Jirkov heißt. Der Kreis organisiert Treffen, veranstaltet Konzerte, erreichte sogar, daß die Stadt einen Gedenkstein für die Vertreibungstoten auf dem Görkauer Friedhof aufstellte. Die Initiativen arbeiten auf diese Weise an einem Ausgleich, der auf Regierungsebene bis heute nicht stattgefunden hat: Tschechien weigert sich, das Unrecht, das den Sudetendeutschen widerfuhr, anzuerkennen, die Beneš -Dekrete sind bis zum heutigen Tag in Kraft. Voraussetzung für echte Versöhnung bleibt jedoch, wie Jansche seiner Enkelin am Ende des Buches antwortet: „Ehrlichkeit über das Unrecht und die Verletzungen, die jede Seite der anderen zugefügt hat.“

Rudolf Jansche: Damit kein Gras drüber wächst. Böhmische Geschichte und Geschichten für die Enkel erzählt. Verlag Inspiration Un Limited, Berlin 2013, broschiert, 574 Seiten, 14,90 Euro

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