© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/14 / 26. September 2014

Knapp daneben
Bankräuber müssen umdenken
Karl Heinzen

Jeden Monat werden in Deutschland durchschnittlich 17 Banküberfälle begangen. Der Trend ist rückläufig: Noch vor zehn Jahren war die Zahl der Delikte viermal so hoch. Im Visier der Täter stehen heute vorzugsweise ländliche Filialen, da sie dort niedrigere Sicherheitsstandards und längere Reaktionszeiten der Polizei vermuten. Spektakuläre Beute dürfen sie aber nirgendwo mehr erwarten. Da es schnell gehen muß, kann man nicht ausharren, bis sich die durch Zeitschlösser und Höchstbetragsgrenzen gesicherten Tresore leeren. Man muß nehmen, was herumliegt, und dies ist in der Regel nicht viel. Der durchschnittliche Bankraub wirft heute gerade noch 15.700 Euro ab. In der Hälfte der Fälle gehen die Täter sogar leer aus. Wenn man bedenkt, daß die Aufklärungsquote bei Banküberfällen bei 78 Prozent liegt und die Delinquenten mindestens fünf Jahre Haft erwartet, ist leicht zu errechnen, daß dieses Geschäftsmodell alles andere als lukrativ ist.

Der klassische Tätertyp, der von Schulden getrieben panisch mit der Waffe herumfuchtelt, hat ausgedient.

Wer 60 Monate lang in Freiheit ALG 2 bezieht, nimmt nach heutigen Regelsätzen legal 23.460 Euro ein. Diesen Zeitraum für weitaus weniger hinter Gittern zu verbringen, ist unvernünftig.

Auch in volkswirtschaftlicher Hinsicht sind Banküberfälle fruchtlos. Während etwa im Drogenhandel Wertschöpfung stattfindet und dieser daher zu Recht Eingang in das Bruttoinlandsprodukt findet, sind sie als eine Form von unfreiwilliger Schenkung ein bloßes Nullsummenspiel. Keynesianer könnten vielleicht argumentieren, daß sie den privaten Konsum der Täter stärken und daher das Wachstum fördern. Doch dafür gibt es keine belastbaren Zahlen.

Wer Banken heute erfolgreich plündern will, muß im Cyberraum agieren. Das Volumen wird hier weltweit auf einen hohen dreistelligen Milliardenbetrag geschätzt. Diese Chancen erkennen und nutzen zu können, setzt jedoch eine intensive Ausbildung und ein modernes Selbstverständnis als Krimineller voraus. Der klassische Tätertyp, der von Schulden getrieben panisch mit der Waffe herumfuchtelt, hat ausgedient. Eine Qualifizierungsoffensive ist erforderlich, wenn der Bankraub im digitalen Zeitalter eine Perspektive haben soll.

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