© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/14 / 03. Oktober 2014

CD-Kritik: Wilhelm Backhaus spielt Mozart
Ahnenfeier
Sebastian Hennig

In Aufnahmen von den Mozartwochen 1956 und 1967 vernehmen wir Wilhelm Backhaus. Aus den vier Sonaten, dem Rondo a-Moll und der Fantasie c-Moll von Wolfgang Amadé Mozart wird eine musikalisch-genealogische Ahnenfeier der Musik. Die Fantasie c-Moll entfaltet Backhaus in ernster düsterer Pracht. Mehr als sonst wird nachvollziehbar, wie das Elementarereignis Mozart in die verfeinerte Welt des späten 18. Jahrhunderts eingebrochen ist und ihre Feinheit wieder zur Form ertüchtigte. Musikalische Ausdruckswelten eröffneten sich. Ein Zeitgenosse verglich Mozarts Musik vor dem Hintergrund der galanten Rokoko-Mode mit einem finsteren Wald. Die heute vorherrschende Aufführungspraxis läßt solche Gegensätze kaum noch ahnen. Wie anders klingt noch Wilhelm Backhaus mit der c-Moll Sonate KV 457. Sichere Kraft verbindet sich mit Zartheit. Das Allegro ist ein wirbelndes Feuer, und im Adagio rieselt eine Quelle. Was sich oft zu einem dumpfigen Teich staut, das wagt Backhaus mit eigenen Händen aus der Quelle zu schöpfen, die zu den reißenden Strömen von Klassik und Romantik anschwillt. Der Pianist, der noch mit Hans Richter zusammenspielte, steht hier auf einer Interpretationsscheide: Zur Zeit seines Spiels gründete Nikolaus Harnoncourt den Concentus Musicus Wien und damit die historische Aufführungspraxis.

Wilhelm Backhaus spielt Mozart Belvedere, 2014 www.belvedere-edition.com

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