© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/14 / 03. Oktober 2014

Neoliberale Ökonomen äußern Selbstkritik: Zweifel am egoistischen Menschenbild
Zaghaftes Umdenken am Markt
(wm)

Es gibt keine Gesellschaft, es gibt nur einzelne Männer und Frauen.“ Folglich, so verkündete Margaret Thatcher, die Architektin der brutalsten neoliberalen Politik im Europa der achtziger Jahre, müsse jedes Individuum ohne gesellschaftliche und staatliche Hilfe für sich selber sorgen. Allen Irritationen durch Finanz- und Euro-Krisen zum Trotz, folgten diesem Credo, das den Menschen auf ein egoistisches Wesen reduziert, bis heute viele Politiker, Wirtschaftswissenschaftler und Manager, beklagt die Zeit-Journalistin Petra Pinzler (Universitas, 8/2014), die schon in ihrem Buch von 2011 dem „Wachstum als Leitgedanken der Politik keine Zukunft“ attestierte. Dabei sei der Irrglaube an einen solchen nutzenmaximierenden Modellmenschen, der Werte nicht kennt, für die der Markt keinen Preis gibt, durch die Wirklichkeit genauso wie durch die Forschungen von Verhaltensökonomen und Neurologen längst widerlegt. Unter führenden Vertretern der neoliberalen Wirtschaftswissenschaften an US-Universitäten, darunter der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, meint Pinzler daher ein zaghaftes Umdenken registrieren zu können. „Einzelne Stars der Szene“ seien bereit, Fehler zuzugeben. Nur in der Politikberatung und in der Industrie, wo Ökonomen helfen, bestehende Machtverhältnisse zu stabilisieren, geben neoliberale Ideologen weiter den Ton an.

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