© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/14 / 10. Oktober 2014

Aufgeschnappt
Armut und Brauchtum
Matthias Bäkermann

Die Dunkelheit bemächtigt sich der Abende. In bald einem Monat aber, am St. Martinstag, werden wieder vielerorts bunte Laternen die naßkalte Dämmerung des späten Nachmittags erhellen. Vorneweg führt dann ein Reiter die Umzüge der Kleinen an, die zu seinen Ehren Lieder singen. Ein schöner alter Brauch, der in diesem Jahr in Nordrhein-Westfalen nicht überall mehr so stattfinden kann. Denn das Bundesland ist genauso arm wie der Mann, für den der barmherzige Bischof seinen Mantel teilte. Wie Innenminister Ralf Jäger (SPD) vergangene Woche mitteilen ließ, wird aus Ersparnisgründen die Polizei den verkehrstechnischen Schutz nicht mehr übernehmen. „Im Grund sind Organisatoren wie Schulen und Kindergärten für die Sicherung des Zugwegs verantwortlich“, zitiert die Rheinische Post das Ministerium.

Da künftig die mangelnde Sicherung der Kinderscharen im Straßenland zu Problemen der Haftung führt, werden wohl etliche St.-Martins-Umzüge ausfallen. Am Niederrhein stößt die Maßnahme bereits auf heftige Kritik. „Das ist ein Angriff auf das Brauchtum“, warnt Hans-Jürgen Herzog, Sprecher der Krefelder Bürgervereine. Ein erster geplanter Großumzug muß dort bereits auf weit abgelegene Nebenstraßen verlagert werden.

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