© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/14 / 10. Oktober 2014

25 Jahre nach der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten
Ein Schritt vorwärts
Markus Brandstetter

Früher gab es einmal einen Studentenwitz, der ging so: Warum müssen Studenten schon um sechs Uhr aufstehen? Antwort: weil die Geschäfte schon um halb sieben wieder zumachen. Dieser nette Einfall hat vor einem Vierteljahrhundert seine Grundlage verloren. Denn damals, im Oktober 1989, durften die Geschäfte zum ersten Mal länger als bis 18.30 Uhr öffnen, zwar immer nur am Donnerstag – und auch da nur bis halb neun, aber das war besser als alles, was zuvor gewesen war. Davor, das war die Zeit, als das deutsche Ladenschlußgesetz, das starrste und kundenfeindlichste in ganz Europa, von 1957 bis September 1996 den Bürgern vorgeschrieben hatte, wochentags von 7 bis 18.30 Uhr und am Samstag von 8 bis 14. Uhr einzukaufen.

Aber auch dieser winzige Schritt in Richtung Bürgerfreundlichkeit gelang erst nach jahrelangen, erbitterten Auseinandersetzungen. Die Bremser und Blockierer waren wie so oft Sozialdemokraten und Gewerkschaften, zu denen sich hier auch die Mittelständler in der CDU und die Einzelhandelsverbände gesellten. Dabei hätte bereits damals allen klar sein sollen, daß das alte Ladenschlußgesetz von der Entwicklung der Gesellschaft überholt worden war.

Bereits in den 1980er Jahren betrug die Frauenerwerbsquote bei über 50 Prozent, 1990 lag sie 65 Prozent, heute liegt sie bei etwas über 70 Prozent. Da in den meisten Familien damals wie heute die Frauen einkaufen und die Kinder betreuen, bedeutete die starre Ladenschlußregelung für berufstätige Frauen und Mütter jahrelang Streß pur.

Aus heutiger Sicht ist es unfaßbar, mit welchen Sprüchen, Aktionen und Kampagnen die Gewerkschaften gegen den Langen Donnerstag zu Felde zogen. Da wurden Kaufhäuser bestreikt; Gewerkschaften, die schon damals über immer weniger Mitglieder verfügten, wetterten gegen Ausbeutung, Unternehmer und Kapitalismus, obwohl die Mehrzahl der Deutschen klar für eine Lockerung des Ladenschlußgesetzes eintrat.

Zu Unrecht vergessen ist die Rolle, die die FDP damals spielte. Jahrelang hatten die Freien Demokraten für eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten gekämpft, aber erst im Frühjahr 1989, und auch da nur nach zähen Verhandlungen, konnten sie in der Koalition mit der CDU endlich den Langen Donnerstag durchsetzen.

Als der Lange Donnerstag dann eingeführt war, blieb der von den Gewerkschaften prophezeite Untergang von Familie, Freizeit und Erholung vollständig aus – die Bürger waren von Anfang an begeistert.

Heute ist das alles längst Geschichte. Seit 2006 sind die Ladenschlußzeiten Ländersache, und in allen Bundesländern dürfen die Geschäfte von Montag bis Samstag rund um die Uhr geöffnet sein. Und siehe da: Weder Familien, noch Gesundheit noch die Freizeit wurde dadurch zerstört, ganz im Gegenteil: Für viele Bürger ist das Leben daraufhin einfacher und deutlich streßfreier geworden.

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