© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/14 / 10. Oktober 2014

Zwiesprache mit dem Vater
Botho Strauß erzählt von seiner Kindheit und Jugend
Thorsten Thaler

Mit zunehmendem Alter richtet sich der Blick auf das eigene Leben zuweilen fast zwangsläufig mehr zurück als nach vorn. So muß es auch dem Schriftsteller Botho Strauß ergehen, der Anfang Dezember seinen siebzigsten Geburtstag begehen kann.

Soeben hat er ein schmales Büchlein mit dem Titel „Herkunft“ vorgelegt, in dem er von seiner Kindheit und Jugend erzählt, von den Orten, in denen er aufgewachsen ist, von seinen frühen Prägungen. Das ist für Botho Strauß, der die „telekratische Öffentlichkeit“ scheut und konsequent autobiographische Auskünfte verweigert, eine mittlere Sensation.

Berührend sind vor allem die Passagen, in denen er mit seinem Vater Zwiesprache hält: „Ich habe deinen Tod nicht zu mir genommen damals, im Jahr des Aufbruchs, 1971. Ich war zum Vorwärtsblicken unterwegs, und die Trauer beugte mich nicht. Ich dachte auch, er käme dir recht. Ich sah, daß du zuletzt genug hattest und dir das Leben schwer wurde. (…) Erst langsam bin ich dann hineingewachsen in deinen Tod und diesen umfassenden Sinn für Vermissen.“ An anderer Stelle heißt es über den Vater: „So hart ich mich mit ihm maß und stritt, so gelehrig hing ich ihm an. Unzeitgemäß war er und war es mit Kraft und Grimm.“

Für den Zugang zu Botho Strauß und seinem Werk ist dieses Buch eine wahre Perle.

Botho Strauß: Herkunft. Carl Hanser Verlag, München 2014, gebunden, 96 Seiten, 14,90 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen