© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/14 / 10. Oktober 2014

Medien und Lobbyismus
Gekauft und gelenkt
Udo Ulfkotte

Haben auch Sie das Gefühl, häufig manipuliert und von den Medien belogen zu werden? Dann geht es Ihnen wie der Mehrheit der Menschen. Und wie Karl Albrecht. Als der reichste Deutsche im Juli 2014 mit einem geschätzten Vermögen von mehr als 18 Milliarden Euro im Alter von 94 Jahren starb, da wußten unsere Medien einfach nichts über sein Leben zu berichten. Es gab nur ein Foto. Und keine Details aus seinem Leben. Der Aldi-Gründer hielt Politik für ein schmutziges Geschäft, wollte in seinem ganzen Leben keinem Bundeskanzler begegnen, setzte anstelle von elitären Netzwerken nur auf die eigene Familie, verachtete Banken und Kreditgeschäfte. Er lehnte alle Ehrungen und Auszeichnungen ab, auch das Bundesverdienstkreuz. Und er gab niemals ein Interview. Warum nur? Klar ist: Der strebsame Familienmensch wollte sich nicht von anderen mißbrauchen lassen. Und nicht manipulieren. Er war überzeugt davon, daß es gut sei, sich von vielen Verlockungen fernzuhalten. Warum nur denken immer mehr Menschen da draußen heute wie Karl Albrecht?

Der Tübinger Medienwissenschaftler Hans-Jürgen Bucher hat schon 1991 in seiner Forschungsarbeit „Mediensprache“ geschrieben, es dürfe nicht übersehen werden, „daß das Zusammenspiel von Presse und Politik heute nach komplizierteren Spielregeln verläuft: über inszenierte Berichterstattungsanlässe wie Pressekonferenzen, sogenannte Hintergrundgespräche oder auch über subtile Formen der Presselenkung“. Subtile Formen der Presselenkung? Wie bitte? Wir haben eine „gelenkte Presse“? Das klingt für den Durchschnittsbürger ungeheuerlich. Aber wie wir sehen werden, ist es die Realität.

Bislang galt es als „Verschwörungstheorie“, wenn man hinterfragte, warum unsere Medien oft wie gleichgeschaltet wirken. Angeblich haben wir doch Demokratie und Meinungsvielfalt. Doch aus der angeblichen „Verschwörungstheorie“ wird nun bittere Realität. Denn in diesem Buch wird ein elitäres Netzwerk von Lobbyisten enttarnt. Und zwar in unseren Medien. Ob der Milliardär Karl Albrecht das wußte und sich deshalb davon fernhielt?

Journalisten sollten ganz sicher nicht in Lobbyorganisationen oder verborgenen Elitenetzwerken aktiv sein. Viele tun es aber. Und sie hassen es, wenn man sie demaskiert. Man kann sie Schritt für Schritt entlarven. Es gibt schließlich viele öffentlich einsehbare Erhebungen für ihre Deutungsmacht, basierend auf der Präsenz in den wichtigsten Zeitungen und Zeitschriften. Man muß sie nur über elektronische Datenbanken nach Referenzhäufigkeit durchkämmen. In einem zweiten Schritt vergleicht man die so gefundenen Namen mit der offiziellen Lobbyliste des Deutschen Bundestages. Und mit den Listen von Lobbypedia (lobbypedia.de), einem Projekt von Lobby Control.

Früher haben intelligente Menschen aus Gründen der Meinungsvielfalt mehrere Zeitungen am Tag gelesen, wenn sie sich ein Bild von Entwicklungen machen wollten. Heute lohnt sich das nicht mehr, weil die redaktionellen Inhalte fast identisch sind.

Schaut man sich dann an, in welchen Lobbyorganisationen die so enttarnten Medienvertreter mit ihrer Deutungsmacht vertreten sind, dann kommt am Ende ein kleiner Kreis verschwiegener Eliteorganisationen zum Vorschein. Bestimmte Journalisten sehen dann auf einmal nicht mehr wie Journalisten aus, sondern wirken eher wie Journalistendarsteller. Sie scheinen Unparteilichkeit und Unabhängigkeit nur noch für die Zuschauer zu simulieren. Anders gesagt: Wenn man als Journalist einen exklusiven Zugang zu machtelitären Zirkeln erhalten hat, bedeutet das nicht zugleich auch, daß man denjenigen, die einem diesen Zugang ermöglicht haben, viel zu nahe gekommen ist? Ist man als Journalist dann nicht längst schon „korrumpiert“? Hat man dann nicht längst eine Art Beißhemmung, eine, die man womöglich noch nicht mal mehr selbst bemerkt? (…)

Eine ganze Armee von auf den ersten Blick seriös erscheinenden Agenten verdient Geld damit, deutsche Medien in ausländischem Auftrag zu beeinflussen, etwa in angeblich gemeinnützigen „transatlantischen Freundschaftsorganisationen“. Deren Aufgabe ist es auch, deutsche Eliten in Politik und Medien von der geistigen Blockbildung mit Rußland abzuhalten und auf pro­amerikanischem Kurs zu halten. (…) Und dazu braucht man nun einmal unsere Leitmedien als Verbündete. (…)

Früher haben intelligente Menschen aus Gründen der Meinungsvielfalt mehrere Zeitungen am Tag gelesen, wenn sie sich ein Bild von Entwicklungen machen wollten. Heute lohnt sich das nicht mehr, weil die redaktionellen Inhalte beliebig austauschbar und fast identisch sind. Ein Beispiel: Da veröffentlichten an einem Julitag 2014 alle Leitmedien auf der Titelseite Fotos von Angela Merkel beim Kochen. Was soll das? Wenn Angela Merkel kocht, dann ist das für den Durchschnittsbürger so wichtig, als ob in China ein Sack Reis umfällt. Legt man die Zeitungen nebeneinander, dann wird der Einheitsbrei unübersehbar. Was früher Bunte, Gala, dem Goldenen Blatt und Bild der Frau vorbehalten war – die Bundeskanzlerin in der Küche –, strahlt dem Leser heute auf den Titelseiten angeblicher „Qualitätsmedien“ entgegen. Parallel dazu fällt auf, daß die überregionalen Zeitungen heute durchgängig Berichterstattung und Kommentare liefern, welche der Wahrnehmung und Meinung einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung widersprechen.

Der Kölner Zeitungsforscher Andreas Vogel sagt: „Konsumenten können heute beim Kauf von Produkten und Dienstleistungen in der Regel zwischen verschiedenen Ausstattungsmerkmalen wählen, bloß die Tageszeitungsverlage glauben, mit einem Einheitsprodukt alle Leser bedienen zu können.“ Den rasanten Auflagenverlust der deutschsprachigen Tageszeitungen haben sich die Verlage nach seiner Auffassung selbst zuzuschreiben, nicht etwa dem Internet. Ein Beispiel: Bei der Verlagsgruppe Madsack (etwa Leipziger Volkszeitung und Ostsee-Zeitung) sind die Inhalte verschiedener Blätter oft identisch; ein Artikel erscheint dann in bis zu 18 Zeitungen.

Den Verlust der Meinungsvielfalt, das Einheitsprodukt und die immer extremere Einseitigkeit kann nur verstehen, wer weiß, wie die „Informationsströme“ im Hintergrund kanalisiert werden. Das lichtscheue Netzwerk von Medien, Lobbyisten und Politik war bislang gut getarnt. In den folgenden Kapiteln identifizieren wir es und fragen: Wer wird da von wem beeinflußt? Und vor allem: Wer schmiert wen wofür? Und wie werden wir Bürger über die Medien manipuliert? (…)

Wer wissen will, warum unser Nachrichtenaufkommen so unendlich einseitig ist, der muß die Netzwerke im Hintergrund kennen, in die jene Alpha-Journalisten eingebettet sind, welche es offenkundig teilweise kaum erwarten können, unsere Soldaten gleich wieder in den nächsten Krieg der Amerikaner zu schicken.

Bei Auslandseinsätzen, die unsere Leitmedien publizistisch vorbereitet haben, sind bislang mehr als 100 deutsche Soldaten ums Leben gekommen. Was sagen jene deutschen Journalisten, welche so lautstark das Ende der „Feigheit vor dem Bürger“ forderten, den Eltern des mit 21 Jahren in Afghanistan getöteten deutschen Soldaten Georg Kurat, was den Eltern von Konstantin Alexander Menz (22) und den Angehörigen von mehr als fünfzig weiteren deutschen Soldaten, welche allein in Afghanistan ihr Leben verloren haben? Und zwar für absolut nichts. Denn weder Milliarden an Fördergeldern noch unser Blutzoll haben dort etwas verändert. Haben unsere Leitmedien sich jemals öffentlich dafür entschuldigt, wieviel Leid und Blutzoll sie durch ihre tendenziösen Berichte, nicht nur in Afghanistan, mitzuverantworten haben?

Auch deutsche Soldaten versuchten in Afghanistan vergeblich, woran schon Alexander der Große scheiterte. Niemals wären sie von unseren Politikern in den Krieg geschickt worden, wenn unsere Leitmedien nicht willfährig den Boden dafür bereitet hätten.

Unsere Alpha-Journalisten schweigen da lieber. Wie schreibt doch Markus Wiegand, Chefredakteur von Wirtschaftsjournalist, so treffend über diese Kollegen: „Die Elite der Branche lebt in einer Blase, in der man sich gegenseitig nicht wehtut, sondern auf die Schultern klopft.“

Von Alexander dem Großen (356 bis 323 v. Chr.) über das Römische Reich und das Britische Empire bis zum Zweiten Weltkrieg hat die Geschichte eines gelehrt: Die Welt kann nicht von einem Menschen oder einer Gruppe beherrscht, regiert oder befriedet werden. So wie schon Alexander der Große, der vom Frieden der Völker träumte, mit seinen europäischen Truppen aus Makedonien auf dem Gebiet des heutigen Afghanistan keinen Frieden bringen konnte, so konnten auch amerikanische oder deutsche Soldaten dort fast 2.500 Jahre später nichts verändern. Auch deutsche Soldaten versuchten vergeblich, woran schon Alexander der Große scheiterte. Niemals wären sie von unseren Politikern in den Krieg geschickt worden, wenn unsere Leitmedien mit ihrer psychologisch geschickten Rhetorik nicht willfährig den Boden dafür bereitet hätten. Ich habe das viele Jahre lang aus nächster Nähe erlebt. Viele Menschen haben diese tendenziöse Berichterstattung unserer Leitmedien inzwischen satt. (…)

„Friendly fire“ – so nennt man es, wenn man Opfer der eigenen Waffenwirkung wird. Ich zeige auf, wie Meinungsmacher im deutschsprachigen Raum die „transatlantische Freundschaft“ bejubeln und zugleich auf das wehrlose eigene Volk schießen. Die medialen Waffen sind dabei weitaus gefährlicher als die laut knallende Munition von Soldaten. Denn ihre Lügen sind leise, schleichen sich ganz tief in unsere Gehirne ein. (...)

Unglaublich bei diesem Meinungskampf ist auch immer wieder, was unsere Leitmedien an wichtigen Hintergrundinformationen verschweigen. Ein Beispiel: Im Sommer 2014 veröffentlichte „Human Rights Watch“ einen langen Bericht über die Einschränkung der Pressefreiheit in westlichen Demokratien durch die immer intensiveren Überwachungsmaßnahmen der US-Geheimdienste. Der Bericht dokumentierte, wie Journalisten ihre Arbeitsweisen verändern müssen, um überhaupt noch an unabhängige Informationen zu kommen.

Kein Wort dazu in jenen deutschsprachigen Leitmedien, welche eine extreme Nähe zu amerikanischen Propagandaorganisationen aufweisen. Hätte der gleiche anklagende Bericht die Einschränkung der Arbeit russischer Journalisten wegen staatlicher Überwachung in Moskau zum Inhalt gehabt, das Thema hätte wohl auf allen Titelseiten gestanden. Im Klartext: Statt neutraler Nachrichten bekommen wir immer häufiger selektive Information vorserviert. Unser Denken wird so kanalisiert. Und das passiert ganz sicher nicht rein zufällig.

 

Dr. Udo Ulfkotte, Jahrgang 1960, ist Politologe und Publizist. Auf dem Forum schrieb er zuletzt über den Kampf gegen das Christentum („Zweierlei Recht schon längst“, JF 49/13).

Udo Ulfkotte: Gekaufte Journalisten. Wie Politiker, Geheimdienste und Hochfinanz Deutschlands Massenmedien lenken, Kopp-Verlag, Rottenburg 2014, gebunden, 336 Seiten, 22,95 Euro. Der Beitrag auf dieser Seite ist – mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag – ein adaptierter Auszug aus dem Buch.

Foto: Zeitungen und Zeitschriften im Café: „Früher haben intelligente Menschen aus Gründen der Meinungsvielfalt mehrere Zeitungen am Tag gelesen, wenn sie sich ein Bild von Entwicklungen machen wollten. Heute lohnt sich das nicht mehr, weil die redaktionellen Inhalte beliebig austauschbar und fast identisch sind.“

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