© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/14 / 10. Oktober 2014

Der Flaneur
Die Mark war beliebter
Andreas Harlaß

Die beleibte Bedienung in einem Berliner Restaurant brabbelt entnervt: „Nee, kann ick nich wechseln.“ Meine Frau und ich waren eingeladen von einem Freund. Der zückte einen 200-Euro-Schein, um zwei Glas Bier und ein Glas Sekt auszulösen. Das Café, keine Klitsche, sondern ein stilvolles und beliebtes Ausflugslokal nahe der alten, legendären Olympia-Regattastrecke, war gut besucht.

„Wat nu“, fragt der Freund die Bedienung mit dem verschmähten, ockerfarbenen Schein in der Hand. Diese, barfuß, rot lackierte Fußnägel in flachen Sandaletten, zuckt arrogant die Schultern, wippt vor und zurück. Meine Frau kramt beflissen ihre Geldbörse aus der Handtasche, begleicht die Rechnung mit Kleingeld. „Wer wechselt mir denn nun den 200-Euro-Schein“, fragt mein Freund ratlos. „Kam aus dem Automaten. Bei Lidl klappt’s bestimmt.“ Dorthin wollten wir sowieso, Schmackhaftes für einen gemeinsamen Abend besorgen.

Die Schlange hinter uns wächst, die Chefin trabt an, begrapscht das Zahlungsmittel flüchtig.

Der Einkaufswagen rollt an der Kasse vor, mein Freund zückt erneut den verpönten Schein. „O Gott“, stöhnt die Kassendame mit Bittermiene. „Moment ...“ Sie klingelt nach der Chefin. „Das ist Vorschrift bei so einem Geldschein“, erklärt sie. Die Schlange hinter uns wächst, die Chefin trabt an, begrapscht das gesetzliche Zahlungsmittel flüchtig, ohne es genauer zu betrachten, sagt: „In Ordnung.“ Daraufhin wollte ich, mit einer Flasche Champagner als Mitbringsel für die Gastgeber auf dem Kassenband, witzig sein, sage zur Kassendame: „Ich zahle mit 500-Euro-Schein …“ „Die nehmen wir gar nicht“, plärrt sie sofort los. „Wieso? Ist doch normales Geld, also Zahlungsmittel“, erwidere ich etwas barsch. „Nehmen wir eben nicht. Anweisung von oben!“

Wieder zückt meine Frau die Börse und schiebt einen Zwanzig-Euro-Schein rüber, um die 12,99 Euro zu begleichen.

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