© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/14 / 10. Oktober 2014

Frisch gepresst

Planwirtschaft. Der Publizist Hugo Müller-Vogg kritisiert den mangelnden Freiheitswillen der Deutschen. Der frühere FAZ-Herausgeber argumentiert mit Langzeitstudien, die zeigen, daß seit der Wiedervereinigung eine Mehrheit für „mehr Staat“ eintrete, und nennt dies die „stille Liebe der Deutschen zur Planwirtschaft“. Müller-Voggs Buch ist eine Generalabrechnung mit der Großen Koalition und Angela Merkels präsidialem Regierungsstil. Derselbe Journalist, der vor zehn Jahren ein begeistertes Großinterview mit der damaligen Oppositionsführerin veröffentlicht hat, zeigt sich nun enttäuscht. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen die CDU, die die Soziale Marktwirtschaft aufs Spiel setze. Mit der Rente ab 63, dem Mindestlohn, der Mietpreisbremse oder der Frauenquote etwa sei die Union „heute meilenweit von Ludwig Erhard und seinen Vorstellungen entfernt“. Die Ursache für die dennoch hohe Zustimmung in der Bevölkerung zu der Großen Koalition sieht er in der „konsenssüchtigen Haltung“ im Volk: „Politik ohne allzu heftigen Streit und ohne sich unversöhnlich gegenüberstehende Lager kommt der deutschen Mentalität deshalb entgegen.“ (rg)

Hugo Müller-Vogg: Jedes Volks hat die Regierung, die es verdient! Murmann Verlag, Hamburg 2014, broschiert, 170 Seiten, 17,99 Euro

 

Zukunftsforscher. Auch Horst Opaschowski ist enttäuscht vom System: „Auf eine Politik für die nächste Generation warten die Wähler vergebens.“ Der Zukunftsforscher analysiert die Ängste der Deutschen und ihre Hoffnungen. Aus allerlei Umfragen hat er herausgefiltert, daß Inflation (59 Prozent), Arbeitsplatzverlust (58 Prozent) und Kriminalität (51 Prozent) die größten Ängste auslösen. Das korrespondiert mit den Forderungen nach Preisbegrenzungen, etwa für Miete und Energie. Da die Deutschen sicherheitsfixiert seien, leitet Opaschowski aus diesen Ergebnissen ein moderates, sozialdemokratisches Wohlfühlprogramm ab – mit noch mehr Kinderbetreuung, Mietpreisbremse und noch mehr Patchworkfamilien. Kurz: Er will noch mehr Zeitgeist und Staat, obwohl er selbst festgestellt hat, daß es so nicht weitergeht. Das ist genauso uninspirierend wie seine wenig mutige Voraussicht, daß die kommenden Krisen (Demographie, Staatsbankrott) wieder den Familiensinn stärken werden. Wenigstens das ist ein Lichtblick in einem ansonsten wenig ideenreichen Buch. (rg)

Horst Opaschowski: So wollen wir leben. Die 10 Zukunftshoffnungen der Deutschen. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, 2014, gebunden, 220 Seiten, 19,99 Euro

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