© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/14 / 17. Oktober 2014

Douglas Carswell. Mit dem Ex-Tory hat Ukip nun den ersten Abgeordneten im Unterhaus
Die Vorhut
Robert Grözinger

Nun hat die United Kingdom Independence Party ihren ersten Abgeordneten im Unterhaus: dank Douglas Carswell, der, frustriert von der Unentschlossenheit und Doppelzüngigkeit seines Premierministers im Hinblick auf die EU, Ende August seine Mitgliedschaft in der konservativen Partei und sein Mandat niederlegte. Damit löste er in seinem Wahlkreis Clacton in Essex eine Nachwahl aus, in der er wieder kandidierte, diesmal für die Ukip. Am vergangenen Donnerstag legte er von 53 auf sechzig Prozent noch zu, auch dank der Tatsache, daß er sich seit seiner Wahl 2005 eine loyale Wählerschaft aufgebaut hat.

Carswell ist einer jener britischen Euroskeptiker, die ihr Land für den weltweiten Freihandel öffnen, Einwanderung kontrollieren und deswegen die Loslösung von der EU wollen. Vor seiner politischen Karriere war der 43jährige Londoner Manager eines italienischen Fernsehsenders sowie Mitarbeiter der kontinentaleuropäischen Abteilung einer Investmentfirma. Aufgewachsen ist er in Uganda, wo seine Eltern als Ärzte arbeiteten.

Einen Monat nach Carswell wechselte dessen alter und nun neuer Parteifreund Mark Reckless die Seiten. Der Jurist und ehemalige Banker, Jahrgang 1970, hatte sich schon häufig dem Fraktionszwang der Tories widersetzt. Vor zwei Jahren gelang es ihm gar, 52 Konservative dazu zu bewegen, der Regierung eine Abstimmungsniederlage zu bescheren. Es ging um den EU-Haushalt, der den Rebellen nicht sparsam genug war. Wie Carswell hat auch Reckless sein Mandat niedergelegt und tritt zur vermutlich im November abzuhaltenden Nachwahl für Ukip an.

Reckless wird es nicht ganz so leicht haben wie Carswell, seinen Sitz wiederzuerlangen. Carswells loyaler Wahlkreis ist von Arbeitern geprägt, die sich von Labour abgewandt haben. Reckless Wahlkreis Rochester in Kent ist bürgerlicher und besser situiert. Die Konservativen hoffen deshalb noch auf einen Sieg. Doch eine Umfrage gibt der Ukip dort vierzig, den Tories nur 31 Prozent – allerdings haben jene ihren Kandidaten noch nicht aufgestellt.

Daß die Ukip nah am großen Durchbruch ist, zeigte sich schon letzte Woche, allerdings nicht beim Selbstläufer Clacton, sondern bei der gleichzeitig stattgefundenen Nachwahl in Heywood bei Manchester, einer Labour-Hochburg. Umfragen hatten den Sozialdemokraten einen klaren Sieg vorhergesagt. Das Ergebnis: 40,9 Prozent für Labour; 38,7 Prozent – oder ganze 617 Stimmen weniger – für Ukip.

Wie auch immer die nächsten Nachwahlen ausgehen: Wegen der Ukip ist die Unterhauswahl 2015 nun völlig offen. Auch wenn die Euroskeptiker dank Mehrheitswahlrecht nur wenige Sitze gewinnen, können sie in anderen Wahlkreisen die gewohnten Verhältnisse gehörig durcheinanderwirbeln – und am Ende als Mehrheitsbeschaffer dastehen.

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