© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/14 / 17. Oktober 2014

Der Jugend eine Chance geben
Vlaams Belang: Nach bitteren Wahlniederlagen versucht die flämische Rechtspartei mit dem 28jährigen Tom van Grieken einen Neustart
Mina Buts

Neue Leute. Neuer Stil. Neue Themen.“ Tom van Grieken zeigt sich optimistisch. Am kommenden Sonntag wird Vlaams Belang (VB) den jüngsten Parteivorsitzenden seiner Geschichte wählen. Gerade 28 Jahre alt geworden soll van Grieken die Partei aus ihrem Jammertal herausführen.

Bei den Parlamentswahlen im Mai verbuchte die EU- und islamkritische Partei dramatische Stimmenverluste zugunsten der gemäßigteren Neu-Flämischen Allianz (N-VA), gerade einmal sieben Prozent der Flamen wählten noch VB. Von den einst einhundert Mitarbeitern von Fraktion und Partei mußten achtzig entlassen werden.

Van Grieken gilt schon seit einiger Zeit als großer Hoffnungsträger innerhalb der Partei. Gerade die von ihm abgegebene Charakterisierung seines Vorbilds Pim Fortuyn als „intelligent, charmant, rebellisch, radikal, aber stilvoll“ könnte genausogut auf ihn selbst gemünzt sein.

In einem Einwanderungsviertel von Antwerpen aufgewachsen, schloß er sich während seiner Studentenzeit dem NSV!, einer nationalistischen Studentenbewegung, an. Schnell wurde er zum Vorsitzenden gewählt und etablierte sie erfolgreich an allen großen Universitäten Flanderns.

Im März 2012 stieg er zum Vorsitzenden der Nachwuchsorganisation des Vlaams Belang auf, wobei er mit dem Motto „De winter is vorbij“ dem einstigen Aushängeschild der Partei, Filip Dewinter, den Kampf ansagte. Als er wenig später mit zwei VB-Freunden ein „Halal“-Grillfest an einer öffentlichen Schule störte, indem er dort gratis Bockwürstchen aus Schweinefleisch verteilte, war ihm der erste große Medienrummel sicher.

Der Jungpolitiker steht nicht nur für die klassischen Themen des Vlaams Belang wie flämische Unabhängigkeit und eine restriktive Einwanderungspolitik. Schon vor zwei Jahren warb er auf einem internationalen Kongreß für die Zusammenarbeit der Nachwuchsorganisationen der europäischen Rechtsparteien und begründete die Jugendorganisation Young European Alliance for Hope (YEAH).

Der studierte Kommunikationsmanager bedient sich ausgiebig der neuen Medien, um deren Macht er weiß. Über seine eigene Partei sagt er, daß sie die einzige authentische in Belgien sei und – anders als die N-VA – reinen Wein einschenke. Allerdings müsse jeder begreifen, daß das Flandern von morgen nur mit den Menschen aufgebaut werden könne, die jetzt dort wohnten. Und dazu gehörten eben „Maarten und Mohammed, Fientje und Fatima, ob wir das nun gut finden oder nicht.“ Für kriminelle Ausländer, Wirtschaftsflüchtlinge und Haßprediger sei jedoch kein Platz in Flandern.

Seit Wochen tourte van Grieken durch Flandern, um sich vorzustellen. Die Unterstützung des noch amtierenden Parteivorsitzenden Gerolf Annemans ist ihm sicher: „Meine einzige Hoffnung war, daß der Kandidat ein Jüngerer wäre, denn der hat per Definition eine bessere Fühlung mit dem Zeitgeist. Das ist bei Tom in jedem Fall so.“ So wie er damals vom Parteimitbegründer Karel Dillen einen Freifahrtschein für die politische Erneuerung erhalten habe, so wolle er das jetzt auch für die neue Generation im Vlaams Belang handhaben.

Van Grieken steht vor einer schwierigen Herausforderung. Zum einen muß er die widerstreitenden Kräfte innerhalb des VB, die sich nicht nur in alte und neue Garde gliedern, zusammenhalten und auch die angegliederten Organisationen „Frauen gegen Islamisierung“ und „Städte gegen Islamisierung“ im Zaum halten. Finanziell und personell steht die Partei so schlecht wie nie da, etliche Mandatsträger sind zur Konkurrenz von der N-VA abgewandert. Zum anderen muß er mit neuen Themen und neuen Leuten den Vlaams Belang wieder als echte flämische Alternative gegen den immer noch anhaltenden Aufwärtstrend der N-VA darstellen und etablieren. Parlamentserfahrung hat er noch nicht. Trotzdem ruht nun alle Hoffnung der Partei auf ihm.

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