© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/14 / 17. Oktober 2014

DVD: Ministerium der Angst
Tarnungen, Täuschungen
Werner Olles

England, 1944. Stephen Neale (Ray Milland) wird aus der Nervenklinik entlassen, in der er einsaß, weil er seiner kranken Frau Sterbehilfe geleistet hatte. Auf einem Wohltätigkeitsbasar gewinnt er einen Kuchen, der ihm kurz darauf im Zug gestohlen wird. Später macht er die Bekanntschaft von Carla Hilfe (Marjorie Reynolds), die ihn zu einer spiritistischen Sitzung mitnimmt, während der ein Mord verübt wird, für den man ihn verantwortlich macht.

Es stellt sich heraus, daß in dem Kuchen eine Nachricht in einem Mikrofilm eingebacken war, die einen Spionagering enttarnen soll. Schließlich entpuppt sich auch noch der Mann, den Stephen für den Drahtzieher dieses Agentenrings hält, als Polizeibeamter, der ebenfalls hinter den für die deutsche Abwehr arbeitenden Agenten her ist. Denn es geht um nichts weniger als um die Aufmarschpläne der Armeen in Europa …

„Ministry of Fear“ (USA, 1944) ist ein echtes Genrejuwel mit geschickt inszenierten Film-noir-Merkmalen, voller unerwarteter bizarrer Einfälle und einer machinengewehrartigen Abfolge von Spanungsmomenten, die sich von den Beschränkungen eiskalter Logik zugunsten maximaler Wirkung absetzen. Basierend auf dem Roman „Zentrum des Schreckens“ von Graham Greene schuf Fritz Lang eine Mischung aus Kriminal- und Spionagethriller, optisch, inszenatorisch und darstellerisch perfekt. Lang, Zentrum des deutschen Expressionismus im Film und später – gemeinsam mit Robert Siodmak – Pionier des amerikanischen Film noir, spielt hier geradezu genial mit Hitchcockschen Mustern, dem dieser Film auch gut zu Gesicht gestanden hätte.

„Ministerium der Angst“ ist ein Film über Täuschungen, Tarnungen und über Fassaden. Blinde werden plötzlich sehend, Freunde sind Verräter, reizende alte Damen gefährliche Agenten. Es herrscht ständig Verwirrung, und es gibt immer neue Wendungen, in denen Verrat, Gewalt und Mord abstrakt halluzinatorisch und doch mit sicherer Hand inszeniert sind. Der Plot gerät dabei in die Nähe des Phantastischen, taumelt von einer verschwörerischen Unglaubwürdigkeit zur nächsten, ständig an der Grenze zur Selbsttäuschung. Daß hier zwei Meister der verdrängten Schuld, Lang und Greene, aufeinandertreffen, macht den Film zusätzlich zu einem Leckerbissen.

DVD: Ministerium der Angst. Koch Media 2014, Laufzeit etwa 83 Minuten

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