© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/14 / 17. Oktober 2014

Frisch gepresst

Heinrich Heine. Natürlich muß es wieder einmal „Erfindung“ sein. Wie originell. Diesmal geht es um „Die Erfindung des europäischen Intellektuellen“, und das Patent darauf spricht der auf flotte, journalistische Biographien spezialisierte Rolf Hosfeld seinem aktuellen Helden Heinrich Heine zu. Der neben Goethe wohl am besten erforschte Schriftsteller des deutschen Sprachraums ist als „guter Europäer“ (Nietzsche) damit selbstverständlich „Kosmopolit“, Vorreiter des „Postnationalismus“ und früher Feind eines ominösen „Populismus“, der stets in „Ausnahmezuständen droht“. Und gerade in dieser Position, so empfiehlt Hosfeld den „ortlosen Zivilisationsliteraten“ (Theodor W. Adorno), sei er unser Zeitgenosse, ohne zu verraten, gegen welche „Gefahr“ der „Deutsche und Jude von Geburt“, aber „im Prinzip Weltbürger“, jetzt reanimiert und in Stellung gebracht werden soll. Die penetrante Botschaft dieser geschichtsfeindlichen Vereinnahmung ist trotzdem klar: Heine erzieht zur EU-Begeisterung. Damit er diesen Kitsch gehörig verbreite, gewährte dem Autor die Kunststiftung des Schuldenstaates Nordrhein-Westfalen ein „großzügiges Stipendium“. (wm)

Rolf Hosfeld: Heinrich Heine. Die Erfindung des europäischen Intellektuellen. Siedler Verlag, München 2014, gebunden, 509 Seiten, Abbildungen, 24,99 Euro

 

Punktlandung. Wem das sarkastische Kürzel „EUdSSR“ geläufig ist, weiß vorab, daß dieser Titel für ihn Pflichtlektüre ist. Alle anderen können im Internet die Leseprobe des Verlags wagen und sich überzeugen, daß kein anderer deutscher Autor so gnadenlos logisch die politischen Entwicklungen analysiert wie der Karikaturist und Satiriker Bernd Zeller (JF 41/14). In seinem jüngsten Titel vergleicht er auf humorvolle, nicht zuletzt launische Weise die beiden Systeme DDR und EU. Daß die Punktvergabe Zellers dabei manchmal recht willkürlich wirkt, ist inhärentes Prinzip: Demonstriert es doch anschaulich die zunehmende Ununterscheidbarkeit beider Systeme. Die beginnt bereits bei der vermeintlichen „einmaligen“ Ost-Eigenschaft der „DDR-Biographie“. Denn „sie ermöglicht es, Befindlichkeiten als absolut auszugeben und dafür Respekt einzufordern, als wäre das Dabeisein eine Leistung“. Das fehlende Gegenstück, eine „EU-Biographie“, zeige bereits erste Konturen, siehe Martin Schulz. (cd)

Bernd Zeller: Hat sich die Wende überhaupt gelohnt? Der große Vergleich DDR – EU. Solibro Verlag, Münster 2014, broschiert, 121 Seiten, Abbildungen, 8,95 Euro

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