© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/14 / 24. Oktober 2014

CD-Kritik: Volga
Schamanistisch
Sebastian Hennig

Traditionelle Polyrhythmik der slawischen Volksmusik und archaische Texte, die bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen, prägen die Musik des Moskauer Trios „Volga“. Der Name der Sängerin Anzhelika Manukyan läßt armenische Wurzeln vermuten. Mit leichter und weicher Stimme eröffnet sie das Album „Kumushki Pjut“. Roman Lebedev begleitet sie auf der Gitarre. Elektronische Effekte weben einen Teppich herum. Im nächsten Lied „rzhanoe zhito“ schwingt die Stimme in entrücktem Sirenen-Diskant zu elektronischen Klopf-Rhythmen. Die Sängerin klingt dabei wie ein altes Mütterchen, aus der von Ekstase befeuerte Sänge hervorbrechen. Dazwischen löst Gastmusiker Sergei Klevensky zuweilen ein Dudelsack-Geheul aus. E-Gitarren-Riffs sägen in die Geschichte vom schlechten Ehemann. Der Klang von „Volga“ schlägt immer wieder derartige Volten, daß es nicht möglich ist, sich an das Ungewöhnliche nur ein bißchen zu gewöhnen. Das Empfinden der Gefälligkeit wird immer wieder durch Stockungen vereitelt.

„Volga“ ist die geistvolle Alternative zum kaugummiweichen Russenpop. Tanzbar wie dieser, fehlt hier die Cola im Wodka. Dafür ist ein unbekanntes Serum enthalten. Vielleicht ist es ein schamanisches Fliegenpilzsüppchen. Das Berliner Label Asphalt Tango Records hat ein weites Herz und ein großes Ohr für die osteuropäische Musikszene.

Volga Kumushki Pjut Asphalt Tango Records www.asphalt-tango.de

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