© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/14 / 24. Oktober 2014

Arzneimittelversorgung im Ersten Weltkrieg: Erfindergeist und Improvisationsgabe
Mit Chinin und Ohropax
(ob)

Die Ohropax-Ohrenstöpsel erfand der Berliner Apotheker Maximilian Negwer zwar schon 1908. Aber ihren reißenden Absatz bewirkte erst die Nachfrage im Ersten Weltkrieg, als die Heeresverwaltung 1916 erstmals 15.000 Dosen orderte, um ein wirksames Mittel gegen die „Schallwirkung des Kanonendonners“ verteilen zu können (Pharmazeutische Zeitung, 26/2014). Da sich aufgrund von Rohstoffknappheit 1918 jedoch nur noch minderwertige Stöpsel produzieren ließen, stellte das Militär den Bezug wieder ein. Anders als beim prominenten Beispiel Ohropax gelang es deutschen Pharmakologen und Pharmazeuten unter Kriegsbedingungen insgesamt sehr zufriedenstellend, die Arzneimittelversorgung trotz der englischen Blockade sicherzustellen. Ersatzdrogen, gewonnen aus der heimischen Flora, trugen dazu ebenso bei wie neue synthetische Ersatzpräparate. Zu den spektakulärsten Beweisen deutschen Improvisationsgeschicks zählte dabei die langfristige Sicherstellung des Chininbedarfs der Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika. Wäre es dem Gouvernementsapotheker Rudolf Schulze nicht gelungen, mit primitiven Anlagen Chinin aus lokalen Cinchona-Beständen zu extrahieren, hätte General Paul von Lettow-Vorbeck den Kampf gegen Engländer und Belgier schwerlich bis zum November 1918 erfolgreich führen können.

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