© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/14 / 31. Oktober 2014

Klaus Johannis. Wird der Siebenbürger Sachse neuer Präsident Rumäniens?
Typisch deutsch
Martin Schmidt

Klaus Johannis wirkt etwas steif, aber integer, und es eilt ihm der Ruf der Bürgernähe voraus. Am 2. November tritt der blonde, fast zwei Meter lange Siebenbürger Sachse zum Karrieresprung nach ganz oben an. Nachdem er seit 2000 als Bürgermeister über die Geschicke von Hermannstadt (Sibiu) waltet und seit Juli Vorsitzender der rumänischen Nationalliberalen Partei (PNL) ist, will er nun Staatspräsident werden. Immerhin hat er eine Außenseiterchance.

Im Rahmen des Wahlbündnisses Christlich-Liberale Allianz ist der 55jährige Physiklehrer der aussichtsreichste Konkurrent des Sozialdemokraten Victor Ponta. Johannis, der jahrelang das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien leitete, hat in Hermannstadt gute Arbeit geleistet und die 160.000-Einwohner-Stadt mit ihrer nur noch 1,6 Prozent umfassenden deutschen Minderheit zum florierenden Wirtschaftsstandort mit sehr niedriger Arbeitslosigkeit, sanierter Kanalisation, instandgesetzten Wasserleitungen, restaurierter Altstadt und markant steigenden Touristenzahlen gemacht. Mit dieser Erfolgsgeschichte wird er als Hoffnungsträger gegen Korruption, Mißwirtschaft und Schlendrian gesehen. Rumänienweit sind inzwischen die von ihm verkörperten „deutschen Tugenden“ wie Fleiß, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und Pflichtbewußtsein zur Projektionsfläche von Gegnern des Bukarester Establishments geworden.

Das Rennen zwischen den insgesamt 14 Bewerbern ist spannend, obwohl Ponta den jüngsten Umfragen zufolge mit rund 41 Prozent führt. Da eine Stichwahl als sicher gilt, könnte Johannis in dem für Mitte November vorgesehenen zweiten Durchgang den Widerstand gegen das skandalgeplagte postkommunistische Lager bündeln. Bezeichnend für dessen Erscheinungsbild ist es, daß die Doktorarbeit ihres Frontmanns und Noch-Premiers Ponta nachweislich massive Plagiate beinhaltet – 115 von 307 Seiten wurden abgeschrieben, dreißig davon sogar am Stück –, was allerdings ohne politische Konsequenzen blieb.

Auch wenn Johannis nach seinen letzten vergeblichen Kandidaturen zum Vizepremier und Innenminister auch diesmal der große Erfolg versagt bleiben sollte, wird er der rumänischen Politik als Gegenentwurf aus dem vergleichsweise gut funktionierenden Siebenbürgen/Transsilvanien erhalten bleiben. Doch die Karriereambitionen und das taktische Gespür von Johannis samt seiner vielbeschworenen „rumänisch-deutschen Brückenfunktion“ werfen auch Schatten. Vor allem wenn er hierzulande politisch korrekte Sprachregelungen bedient. So distanzierte sich Klaus Johannis beflissen von den Warnungen der CSU vor sozial hochproblematischen Zuwanderungsströmen aus Rumänien und Bulgarien. Auch in dieser Beziehung erweist sich der Hermannstädter gewissermaßen als typisch deutsch.

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