© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/14 / 07. November 2014

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Feuer und Flamme
Marcus Schmidt

Ursula von der Leyen (CDU) macht das Beste aus der Situation. Als sich der Saal der Bundespressekonferenz nach dem Feueralarm wieder gefüllt hatte, zog sie eine Parallele zur Bundeswehr. So wie der Fehlalarm eines Feuermelders im dritten Stock dazu geführt habe, daß das gesamte Haus der Bundespressekonferenz geräumt werden mußte, könne ein Kratzer auf der Windschutzscheibe eines Transportflugzeugs vom Typ „Transall“ dazu führen, die ganze Flotte zu „grounden“, sagte sie. Was von der Leyen damit sagen wollte: Eine kleine Ursache kann mitunter eine große Wirkung haben – ohne daß gleich das ganze System in Frage gestellt werden muß.

Als der Feueralarm in der vergangenen Woche die Pressekonferenz Ursula von der Leyens zum Gesetzentwurf für das von ihr vorgelegte Attraktivitätsprogramm jäh unterbrach, war die Ministerin gerade dabei, den ganz großen Bogen zu schlagen. Sie wolle „die große Folie“ ausbreiten, um zu zeigen, vor welchen wachsenden Herausforderungen die Bundeswehr angesichts der zahlreichen Krisenherde von der Ukraine bis zum Nahen Osten stehe. Diese großangelegte Erzählung hatte vor allem ein Ziel: das von ihr angestoßene Attraktivitätsprogramm für die Bundeswehr ins richtige Licht zu rücken.

Als von der Leyen im Sommer ihre Pläne erstmals der Öffentlichkeit präsentierte, hatte sie viel Spott geerntet. Mit Flachbildschirmen und Luxus-Kasernen wolle sie die Bundeswehr zur „Wohlfühl-Armee“ machen, warfen ihr die Kritiker vor. Als wenig später die jahrelange Unterfinanzierung der Armee angesichts der sich häufenden Pannenmeldungen insbesondere bei Flugzeugen und Hubschraubern offensichtlich wurde, konnten sich von der Leyens Kritiker bestätigt fühlen. Statt in Waffen investiere von der Leyen lieber in ihr Image.

Doch das war schon damals nur die halbe Wahrheit. Bereits im Sommer hatte von der Leyen ihre Attraktivitätoffensive mit dem Hinweis verteidigt, der Armee mangele es zunehmend an Spezialisten. Diese zögen insbesondere nach dem Ende der Wehrpflicht den Gang in die freie Wirtschaft dem Einrücken in die Kaserne vor. „Keiner muß mehr zu uns kommen und keiner muß mehr bei uns bleiben.“ Nun hat ihr Ministerium von der Leyen mit einem anschaulichen Beispiel versorgt. „Von den vier U-Booten der Bundeswehr können aus Personalmangel nur zwei fahren“, berichtete von der Leyen. Das liege nicht daran, daß es zu wenig Personal gebe, sondern am Mangel ganz bestimmter Fachkräfte, ohne die ein U-Boot nicht in See stechen könne. Das gleiche gelte für die Luftflotte. Auch hier liege es nicht alleine am fehlenden Material oder ungenügender Wartung, daß die Maschinen häufig am Boden bleiben müßten. Es fehle auch an qualifizierten Technikern.

„Wir dürfen nicht eindimensional auf das Material schauen, das Personal gehört dazu“, bekräftigte die Verteidigungsministerin, deren Gesetzentwurf zahlreiche finanzielle Verbesserungen für die Soldaten vorsehe. Gleichwohl stellte sie auch in Aussicht, bei den Ersatzteilen und der Ausrüstung nachzusteuern.

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