© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/14 / 07. November 2014

Auch deutsche Goldanleger würden profitieren
Schweiz: Eine Volksabstimmungsinitiative will, daß die Schweiz ihr Edelmetall beisammenhält / Der Preis könnte bei einem „Ja“ steigen
Fabian Grummes

Der 30. November 2014 könnte der wichtigste Tag für den Goldmarkt seit der Schließung des Goldfensters werden. Dann entscheiden die Schweizer Bürger darüber, ob sie die Schweizer Nationalbank (SNB) darauf verpflichten wollen, in Zukunft erstens keine Goldverkäufe mehr zu tätigen, zweitens das gesamte eidgenössische Gold in der Schweiz zu lagern und drittens wenigstens zwanzig Prozent der gesamten Bilanzsumme in Gold zu halten.

Die Goldinitiative stammt aus SVP-nahen Kreisen

Die Goldinitiative wurde von den Nationalräten Lukas Reimann und Luzi Stamm sowie dem ehemaligen Nationalrat Ulrich Schlüer (alle SVP) angestoßen. Sie hat historische Ursachen: Die Stabilität des Schweizer Franken gründete in seiner Golddeckung. Diese bestand bis 1996, betrug rund 40 Prozent und war in der Bundesverfassung festgeschrieben. 1992 trat die Schweiz jedoch dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bei. Dessen Statuten untersagen es den Mitgliedern, ihre Währungen via Gold zu decken. Wegten des Beitritts zum IWF wurde 1996 die Verfassung geändert und der Deckungsparagraph stillschweigend entfernt. Daraufhin verkaufte die SNB zum ungünstigsten Zeitpunkt, am Tief des Marktes zwischen 1999 und 2003, insgesamt rund 60 Prozent der Schweizer Goldreserven. Der Anteil in der Bilanz der SNB sank so bis 2009 auf 18 Prozent.

2011 schließlich büßte der Schweizer Franken auch seine Eigenständigkeit ein und ist de facto zu einem Euro-Derivat geworden. Der damalige SNB-Chef Philipp Hildebrand zog eine Obergrenze für Franken gegenüber dem Euro bei 1,20. Diese konnte nur durch den massiven Ankauf von Euros beibehalten werden. Die hierfür benötigten Franken wurden einfach gedruckt. Die Bilanz der SNB verdoppelte sich in der Folge (seit 2009 hat sie sich insgesamt verfünffacht), der Goldanteil in ihr fiel auf derzeit sieben Prozent.

Insofern will die Initiative lediglich jenen Status wiederherstellen, der vor der De-facto-Anbindung an den Euro herrschte. Und genau hierin ist der wahre Grund für den massiven Widerstand des politischen Establishments und zahlreicher Schweizer Unternehmen zu suchen. Damit nämlich würde jene Anbindung hinfällig. Zusätzlich zu den mit frischgedruckten Franken angekauften Euro müßten dann 20 Prozent des angekauften Eurowerts in Gold erworben werden. Dies ließe sich nicht lange aufrechterhalten – immer mehr Gold im Tresor und zeitgleich die Währung abschwächen gehen nur schwer Hand in Hand. Damit aber würde den seit Jahrzehnten laufenden Versuchen, die Schweiz immer enger an die EU zu binden, ein massiver Riegel vorgeschoben. Die Schweizer Exportindustrie wiederum verlöre in der Folge die für sie angenehme Wechselkursbindung, was deren Opposition hinreichend erklärt.

Die Argumente der Gegner sind unehrlich. Zudem bezeugen sie die mangelnde Sachkenntnis der Politiker. Das Preisrisiko ist kein echtes Problem – dieses ist bei den alternativ gehaltenen Fremdwährungen um ein Vielfaches größer, da hier, anders als bei Gold, ein echtes Ausfallrisiko besteht.

Das Verkaufsverbot verhindert zwar die „Bewirtschaftung“ des Goldes – aber eine Versicherungspolice will man nicht bewirtschaften, sondern im Schadensfalle zur Hand haben.

Gold soll eigentlich als Versicherungspolice dienen

Weshalb auch die Lagerung im Inland weder ein logistisches noch ein ökonomisches Problem ist, sondern ein Gebot der Vernunft. Zudem gibt es in der Schweiz als beliebtestem Goldlagerland der Welt genug Tresore bei niedrigen Lagerkosten. Das immer wieder vorgebrachte Argument, in einer Krise müsse das Gold an internationalen Finanzstandorten liegen, um verkauft werden zu können, greift gleich zweimal nicht.

Zum einen ist Zürich so ein Standort. Zum anderen soll ja in einer Währungskrise das Gold eben nicht verkauft werden, sondern als Sicherheitsanker zur Stabilisierung der Währung dienen. Auch weltweit findet die Initiative Beachtung, hätte ihr Erfolg doch globale Konsequenzen. Um die geforderten 20 Prozent Bilanzanteil zu erreichen, müßte die SNB derzeit rund 1.700 Tonnen Gold ankaufen – 70 Prozent einer Weltjahresproduktion. Zwar könnte die SNB auch ihre Bilanz verkürzen.

Aber ein- oder zweihundert Milliarden Euro auf den Markt zu werfen, das dürfte die EU als Kriegserklärung auffassen. Somit könnte bei einem Erfolg ein massiver Anstieg des Goldpreises einsetzen. Zwar hätte die SNB fünf Jahre Zeit für den Ankauf, aber das sichere Erscheinen eines so großen Käufers am Markt sollte die dreijährige Baisse zumindest unterbrechen, wenn nicht beenden und die Kurse stark gen Norden bewegen.

Nach drei Jahren Flaute könnte der Preis steigen

Die westlichen Zentralbanken, die über den massiven Anstieg des Goldpreises bis 2011 alles andere als erfreut waren, dürfte auch und gerade die Aussicht darauf nervös machen. Starke Goldpreisanstiege gilt es zu verhindern. Da sie als Signal für Systemkrisen gelten, können sie zu Selbstläufern werden: Als Ende der 1970er Jahre eine allgemeine Bewegung ins Gold einsetzte, wurde das unbedingt notwendige Vertrauen in das (Papier-)Geldsystem unterminiert. Es konnte nur durch massive Zinserhöhungen wiederhergestellt werden. Heute würde eine solche Reaktion den Bankrott nahezu aller westlichen Staaten zur Folge haben.

Ob sich die Schweizer letztlich für oder gegen den goldenen Anker entscheiden, wird sich erst am 30. November zeigen. Angesichts der Risiken, die derzeit in der Bilanz schlummern, wäre eine Entscheidung dafür klug.

Foto: Werbung der Goldinitiative: Die Kampagne richtet sich gegen den Verkauf Schweizer Golds „zu Tiefstpreisen“

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