© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/14 / 14. November 2014

Opels „Umparken im Kopf“ geht auch auf dem Arbeitsmarkt
Vollbeschäftigung ist möglich
Christoph Braunschweig

Kleines Gedankenspiel: Eine Firma nimmt 1.200 Taler ein, von denen sie 1.000 für Löhne ausgibt. Bleibt ein Gewinn von 200. Bei 100 Mitarbeitern verdient jeder durchschnittlich 10 Taler. Jetzt schließ die Firma mit den Mitarbeitern einen Vertrag ab, wonach der Festlohn um 20 Prozent gekürzt wird und die Mitarbeiter zum Ausgleich die Hälfte des Gewinns erhalten. Bei Einnahmen von 1.200 sinkt die Lohnsumme also auf 800; der Gewinn steigt auf 400. Da die Mitarbeiter die Hälfte des Gewinns erhalten, bleibt ihr Gesamteinkommen 1.000, und der Gewinnanteil der Firmeneigner bleibt ebenso 200. Es ändert sich nichts.

Allerdings ändert sich die Beschäftigungspolitik: Unterstellt, der Beitrag des letzten Mitarbeiters zur Wertschöpfung sei gerade so hoch wie sein Lohn, also 10, weitere 8 Arbeitnehmer würden nur noch zusätzliche Werte von je 9 schaffen, dann würden sie bei einem festen Lohn von 10 nicht mehr beschäftigt werden. Bei einem Lohn von 8 plus Gewinnanteil wird die Einstellung für die Firma aber rentabel: Jeder zusätzliche Arbeitnehmer erhöht den Gewinn um 1. Auch wenn die Firmeneigner davon nur die Hälfte bekommen, lohnt sich die Mehrbeschäftigung, Einstellungen sind also die Folge.

Geht das Geschäft schlechter, dann sinkt die Wertschöpfung pro Mitarbeiter. Bei festem Lohn entläßt das Unternehmen alle Mitarbeiter, die weniger als 10 zum Ergebnis beitragen. Im Gewinnbeteiligungsmodell dagegen ist ein Mitarbeiter immer noch rentabel, wenn er 8 zur Wertschöpfung beiträgt. Im neuen Modell dagegen senkt es die Preise und hält die Beschäftigung aufrecht. Dafür kann das Arbeitseinkommen schwanken – freilich nur für den gewinnabhängigen Teil.

Eine Rezession würde zwar zu Preissenkungen führen, die Arbeitslosigkeit aber kaum ansteigen lassen. Der Strukturwandel würde wesentlich schneller bewältigt. Werden heute Mitarbeiter aus schrumpfenden Branchen herausgedrückt, würden sie im neuen Modell herausgesogen. Mobilität ist unerläßlich, sie nähme aber humanere Züge an. Flexible Löhne sind der Schlüssel.

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