© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/14 / 21. November 2014

Grüße aus Bern
Mal eine Waffe kaufen
Frank Liebermann

Schweizer gelten gemeinhin als friedliebendes Volk. In den vergangenen Jahrhunderten hielten sie sich diplomatisch aus allen kriegerischen Verwerfungen um sie herum heraus, was zu einer wohltuenden Friedlichkeit führte.

Allerdings wissen die wenigsten Menschen außerhalb des Alpenlandes, daß es kaum ein Volk auf der Welt gibt, das über eine höhere Waffendichte verfügt. Mit geschätzten 46 Waffen pro 100 Einwohner kommt die Schweiz weltweit auf den dritten Platz, nur noch übertroffen von den USA (90) und dem Jemen (55). Geschätzt deshalb, da die Schweiz auch nicht alle Waffen erfaßt hat und sich die Eidgenossen mit Abstimmungen gegen ein zentrales Waffenregister wehren. Da mich eine Nachbarin, im Schießsport sehr engagiert und erfolgreich, motiviert hat, diesem Sport ebenfalls zu frönen, beschloß ich, nach langem Hantieren mit Leihwaffen, selbst eine zu erwerben.

Ein Freund meinte lakonisch: „Ihr Deutschen seid halt komisch mit euren Gesetzen.“

Oft schon war ich von der Schweizer Bürokratie bezüglich ihrer Unkompliziertheit positiv überrascht, was sich auch hier wieder bestätigte. Jeder kann sich auf einer Seite des Kantons ein Formular herunterladen, legt einen Strafregisterauszug bei, Ausländer wie ich reichen zusätzlich eine Kopie der Aufenthaltsbewilligung ein, zahlen die Gebühr, und wenige Tage später liegt der Waffenerwerbsschein im Briefkasten.

Wie immer sind die Schweizer auch hier politisch unkorrekt: Zwar dürfen fast alle Ausländer Waffen erwerben, aber nicht solche aus Ländern wie Albanien, Serbien oder dem Kosovo. Ich glaube, ich muß hier niemandem erklären, daß so etwas auf einem Dokument aus Deutschland undenkbar wäre.

Mit einem engagierten Schützen ging ich zum lokalen Waffengeschäft und ließ mich fachkundig beraten. Auch hier war ich überrascht. Nachdem ich alles ausgesucht hatte, bekam ich Waffe und Munition in eine Plastiktüte gepackt. Beim Bier erklärte mein Begleiter, die Schweiz habe halt eine besondere Waffenkultur, die von Generation zu Generation weitergegeben werde. Dies hätte ein besonderes Verantwortungsgefühl zur Folge.

Als ich meinen Berner Freunden stolz von meiner Neuerwerbung erzählte, waren sie einmal mehr über mich erstaunt. Die große Freude und das Besondere am Waffenkauf konnten sie nicht nachvollziehen. Schließlich haben viele ihr Armee-Sturmgewehr noch irgendwo zu Hause. Einer meinte lakonisch: „Ihr Deutschen seid halt komisch mit euren Gesetzen.“

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen