© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/14 / 12. Dezember 2014

Seid verschlungen Milliarden
Vorbild Eon: Dank Energiewende wird Stromerzeugung unrentabel und demnächst verstaatlicht
Paul Rosen

Den besten Kommentar zur Energiepolitik in Deutschland liefert der dafür verantwortliche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD): Bei der Energiewende herrschten „irre Zustände“, klagte der SPD-Vorsitzende Anfang November auf dem Arbeitgebertag. Daß wir hier Kraftwerke stillegen und Strom aus Österreich kaufen, sei eine „Karnevalsveranstaltung“. Die Österreicher kämen „vor Lachen nicht in den Schlaf“.

Wer sich mit der Energiewende beschäftigt, dem drohen in der Tat Schlafstörungen. Mit Subventionen in dreistelliger Milliardenhöhe wird parallel zu einem einst funktionierenden Energieversorgungssystem eine ineffiziente Gegenveranstaltung hochgezogen, die hin und wieder Strom liefert. Zuverlässig fließen nur staatliche Subventionen zu diesen Flatterstrom-Erzeugern.

Die massiv subventionierte Erzeugung von Strom aus Windenergie, Sonnenenergie und Biomasse hat zu einem Verfall der Strompreise geführt, so daß sich konventionelle Kraftwerke, die Kohle, Öl oder Gas verfeuern, nicht mehr wirtschaftlich betreiben lassen. Das hat alle deutschen Stromerzeuger bis hinunter zu kleinen Stadtwerken in schwere Krisen gestürzt. Sie können Strom nicht wirtschaftlich erzeugen; die Stillegung von Kraftwerken verbietet ihnen die Politik, die nicht nur religiöse Züge trägt, sondern auch sozialistische: „Von Strompreisbremsen bis zur Netzentgeltverordnung fummelt die Politik im Markt herum wie weiland die SED in ihren Kombinaten“, stellt Ex-Cicero-Chefredakteur Wolfram Weimer im Handelsblatt fest.

Der Energiekonzern Eon hat die Konsequenz aus dem antimarktwirtschaftlichen Kurs gezogen und will sich in zwei Konzerne aufspalten – eine „grünen“ und modernen Öko-Bereich und einen mit Atom und Kohle. Aber Eon wird auch danach nicht wirtschaftlich arbeiten. Die Schulden der Energiekonzerne Eon und RWE betragen zusammen 60 Milliarden Euro. Seit Fukushima sind 45 Milliarden Euro Börsenwert weg. Nach dieser Vernichtung von Volksvermögen fragt natürlich kein grüner und kein bürgerlicher Politiker.

Die Verluste wären zum Teil zu verkraften, wenn die erneuerbaren Energien den Wirtschaftsaufschwung und die ökologischen Effekte gebracht hätten, den ihre grünreligiösen Protagonisten versprochen hatten. Doch davon kann keine Rede sein. Die deutsche Photovoltaik-Industrie ist am Ende. Zuletzt ging der Bosch-Konzern aus diesem Segment heraus und verschenkte seine Aktivitäten an den Bonner „Sonnenkönig“ Frank Asbeck, dessen Firma „Solarworld“ Anlegermillionen in dreistelliger Höhe versenkt hat. Die Windenergie ist ebenfalls am Ende. Siemens und der Schweizer Konkurrent ABB wollen nach dreistelligen Millionenverlusten aus ihren Windengagements raus. Andere Windanlagenerrichter haben Anlegergelder in Milliardenhöhe verbrannt.

Die zahlreichen Bürgerwindparks und Energiegenossenschaften gründen ihre Ertragshoffnungen auf größtenteils gefälschte Gutachten über Windstunden und Sonnenscheindauer. Ohne Subventionen müßten sie sofort Konkurs anmelden, mit Subventionen schleppen sie sich noch etwas hin.

Die großen Windparks in der Nordsee, die das Rückgrat der alternativen Energieversorgung werden sollen, werden beim nächsten schweren Sturm knicken wie Streichhölzer: Dann versinkt die Energiewende in den Fluten. Das ist keine Sciencefiction, sondern eine Berechnung der deutschen Versicherungswirtschaft aufgrund der Daten des Nordsee-Sturms „Daria“ von 1990. „Daria“ wird wiederkommen.

Die Ökobilanz der Energiewende ist verheerend. Der deutsche Wald wird zerstückelt, um Windgeneratoren zwischen die Bäume zu stellen. Aus Solarparks ohne Bodenschutz tropfen ungehindert Gifte wie Cadmium und Blei ins Grundwasser.

Ein Umweltverbrechen ist die Biogas-Erzeugung. Sie führt zu massivem Maisanbau mit Verdrängung der Getreidewirtschaft in tropische Weltgegenden. Der massive Einsatz von Dünger und Schädlingsbekämpfungsmitteln ruiniert die Trinkwasserqualität. Die Energiewende hat Bienensterben durch Schädlingsbekämpfungsmittel (gegen den Maiswurzelbohrer) ausgelöst; Fischsterben in Bayern ging auf Unfälle in Biogas-Anlagen zurück.

Raubvögel sind wegen der fast sterilen Mais-flächen vom Aussterben bedroht; den Roten Milan wird es in Deutschland bald nicht mehr geben, weil er wie Hunderttausende nützlicher Fledermäuse von Windrotoren zerhackt wird. Der Hase verhungert in trostlosen Maisplantagen; ihn zum Tier des Jahres zu machen, ist fast so pervers wie die Aktion von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), den von Windkraftanlagen geschredderten Habicht zum Vogel des Jahres auszurufen.

Sicherer ist die Stromversorgung in Deutschland seit der Energiewende auf keinen Fall geworden, preiswerter schon gar nicht. Der gesunkene Energieverbrauch geht auf die schleichende Abwanderung der Industrie zurück. Wenn hier eine Halle geschlossen und dort eine Produktionslinie stillgelegt wird, merkt das zunächst niemand. Aber irgendwann wird man feststellen, daß der industrielle Kern in Deutschland zusammengebrochen ist, während in Ländern mit preiswerter Energie wie den Vereinigten Staaten von Amerika die Reindustrialisierung in vollem Gange ist. RWE wird möglicherweise in Konkurs gehen, viele kleine und mittlere Energieversorger auch. Eon wird sich nicht retten können. Auch im Solar- und Windbereich drohen Pleiten in Serie. Prokon war das Wetterleuchten.

Am Ende wird eine unfähige und völlig ideologisierte Politik die gesamte Energieerzeugung und -verteilung verstaatlichen – zur Deutschen Energie AG. Statt Industrie 4.0 gibt es dann Kombinat 2.0. Energiepolitisch ist ganz Deutschland von Sinnen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen