© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/14 / 12. Dezember 2014

Ausgerechnet Bottrop
Junge Alternative: Vor dem Bundeskongreß Anfang des Jahres hadert der AfD-Nachwuchs mit dem Tagungsort und streitet über die Richtung
Marcus Schmidt

Bottrop. Ausgerechnet Bottrop. Die Entscheidung des Bundesvorstandes der Jungen Alternative (JA), Anfang Januar den Bundeskongreß in der Ruhrgebietsstadt abzuhalten, hat den Parteinachwuchs der AfD in Aufregung versetzt. „Die Wahl Bottrops als Veranstaltungsort ist unglücklich und wird von Teilen der JA als gezielte Provokation empfunden“, sagte der Landeschef von Baden-Württemberg, Markus Frohnmaier, der JUNGEN FREIHEIT. Der eher liberal geprägte nordrhein-westfälische Landesverband habe absichtlich einen „abgelegenen“ Tagungsort gewählt, der den konservativen östlichen Verbänden die Anreise erschwere. „Die Kritik am Veranstaltungsort Bottrop kann ich nachvollziehen. Aber wir haben vorher 40 bis 50 andere Hallen, unter anderem in Thüringen, abgeprüft und nichts gefunden“, versichert dagegen der JA-Bundesvorsitzende Philipp Ritz.

Was auf den ersten Blick wie die typischen Machtspielchen eines politischen Jugendverbandes wirkt, erweist sich bei genauerer Betrachtung als handfester Richtungsstreit des Parteinachwuchses. Ganz nach dem Motto: Was die AfD kann, können wir schon lange. „Es gibt in der JA bei allen Gemeinsamkeiten auch gewaltige politische Unterschiede“, berichtet Ritz, der dem liberal-

konservativen Lager zugerechnet wird. „In Bottrop wird über die Ausrichtung der Jungen Alternative entschieden“, gibt Frohnmaier die Richtung vor. Gemeinsam mit dem rheinland-pfälzischen Landesvorsitzenden Damian Lohr will er für den JA-Vorsitz kandidieren und das Profil des Verbandes schärfen. Beide gelten als Vertreter des nationalkonservativen Flügels und unterstützen die Rußland-Politik von AfD-Vize Alexander Gauland.

Offen ist, ob es zu einer Kampfkandidatur gegen Ritz kommt. „Ich habe noch nicht entschieden, ob ich noch einmal antrete“, sagte Ritz und verwies auf die extreme zeitliche Belastung. Ritz ist seit Februar JA-Vorsitzender. Seitdem ist der im Juni 2013 gegründete Jugendverband, der organisatorisch von der AfD unabhängig ist, in Fahrt gekommen. Vor allem mit provokanten und mitunter freizügigen Foto-Aktionen im Internet sorgte der Nachwuchs für Aufmerksamkeit. „Gemessen an unseren rund 620 Mitgliedern ist unsere öffentliche Wahrnehmung im Vergleich mit andere Jugendverbänden überproportional“, sagt Ritz. Der Preis dafür ist seinen Gegnern jedoch zu hoch. „Wir brauchen mehr Inhalte statt oberflächliche Kampagnen“, kritisierte Lohr, der Ende Oktober im Streit als stellvertretender JA-Chef zurückgetreten war.

Ausgerechnet an der Frage, ob der Verkauf von Cannabis freigegeben werden sollte, droht der Streit im Jugendverband nun zu eskalieren. „Man muß bei jedem Verbot überlegen, ob es auch umgesetzt werden kann“, gibt Ritz zu bedenken, der für eine Freigabe plädiert. Er wolle das Thema aber nicht überbewerten. Für seine Herausforderer ist die Cannabis-Diskussion dennoch ein rotes Tuch. „Das muß aufhören, darauf habe ich keine Lust mehr“, ärgert sich Frohnmaier und greift den JA-Chef frontal an. „Wenn Philipp Ritz das Thema so wichtig ist, soll er zur Grünen Jugend gehen.“ Ritz plädierte hingegen dafür, die Frage mit „Verstand statt mit Ideologie zu lösen“ und nicht in Schubladendenken zu verfallen.

Die Stimmung ist jedenfalls gereizt. „Die politischen Auseinandersetzungen sind bei uns fast noch intensiver als in der AfD“, sagt Ritz. Eine Einschätzung, die Frohnmaier teilt, der von einer aggressiven Stimmung in den internen Internetforen berichtet. „Ich hoffe, daß sich in Bottrop alle zusammenreißen, sonst könnte es auch knallen“, warnt Ritz.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen