© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/14 / 12. Dezember 2014

Die Kritik am Papiergeld wird immer lauter
Was verspricht Mario Draghi?
Petr Bystron

Die Adventszeit sollte eigentlich Zeit der Besinnung sein. Stattdessen gleicht sie einer Konsumorgie. Die Menschen stürzen sich in die Kaufhäuser und bescheren in den wenigen Wochen vor Weihnachten so mancher Branche mehr Umsatz als im gesamten übrigen Jahr.

Ich gestehe, auch ich werfe unser Erspartes in den Wirtschaftskreislauf. Doch dieses Jahr ist etwas anders als früher. Gestern erwischte ich mich dabei, daß ich an unserem Geld zweifelte. Ich hielt an der Kasse einige Banknoten in der Hand und dachte unwillkürlich, es sind nur wertlose Papierschnipsel, nicht einmal sonderlich hübsch bedruckt. Ganz im Ernst: Ich war froh, für dieses Häufchen Papier einen Gegenstand bekommen zu haben. Und ich erschrak bei der Vorstellung, der Moment könnte bald kommen, in dem niemand bereit sein wird, Waren gegen dieses Papier umzutauschen.

Solange ich alleine solche apokalyptischen Gedanken in mir trage, besteht für unser Geldsystem noch keine Gefahr. Doch schießen ähnliche Ideen mehreren Menschen durch den Kopf, wird es brenzlig. Denn unser Geld ist durch nichts gedeckt. Seine Tauschfähigkeit basiert nur auf Vertrauen der Marktteilnehmer in seine Tauschfähigkeit. Verschwindet das Vertrauen, ist die Tauschfähigkeit dahin.

Als das Papiergeld eingeführt wurde, konnte man den Gegenwert der einzelnen Banknoten jederzeit in Gold umtauschen. So stand es früher auf jeder Dollar-Note. Und das Versprechen wurde durch die Unterschrift des Gouverneurs der Zentralbank besiegelt. Heute weiß man nicht, wofür die Unterschrift Draghis eigentlich noch bürgt. Für noch größere Schuldenberge, welche die EZB mit noch größerer Geldmenge bekämpfen will?

Das Problem unseres Geldsystems ist die Tatsache, daß Geschäftsbanken die Geldmenge ständig aufblasen. Sie schöpfen durch die Kreditvergaben Geld aus dem Nichts. Die Geldmenge steigt unaufhörlich. Die Blase wird immer größer – bis sie platzt.

Der Moment scheint nicht weit zu sein. Denn was vor Jahren nur im engen Zirkel der Anhänger der Österreichischen Schule diskutiert wurde, erreicht mittlerweile breite Massen. So diskutieren plötzlich führende Ökonomen die Alternativen zum jetzigen Kreditgeld. Für Aufsehen sorgte der Volkswirtschaftler Thomas Mayer in diesem Herbst, als er das Ende des Kreditgeldes prophezeite und forderte, es durch ein Aktivgeld zu ersetzen. Laut Mayer sollte der Staat das Geld herausgeben und seine Menge begrenzt halten. Banken sollten nur noch Vermittler statt Geldschöpfer sein – Kredite dürften nur vergeben werden, wenn sie gedeckt wären. Daß gerade jemand wie Mayer auf solche Gedanken kommt, ist erstaunlich, denn er arbeitete sein Leben lang mitten im System, zuletzt bei der Deutschen Bank in Frankfurt.In diesem Sinne: Fröhliche Einkäufe und besinnliche Weihnachten – vielleicht die letzten mit dem jetzigen Papiergeld!

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