© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/14 / 12. Dezember 2014

Der Quotensozialismus kommt
Planwirtschaft: Der Staat fördert mit der Frauenquote Kungelei und Vorurteile gegen weibliche Fachkräfte
Wolfgang Philipp

Zu den wichtigsten Unternehmensentscheidungen gehört die Auswahl der Führungskräfte. Mit deren Können steht und fällt das Unternehmen. Die Eigentümer müssen frei sein, darüber zu entscheiden. Für die Folgen von Fehlentscheidungen haften sie, auch viele Mitarbeiter tragen die Folgen. Weil das bisher so ist, hat die deutsche Wirtschaft ihre Erfolge.

Das will die Große Koalition in Berlin ändern. Sie mischt sich in die Personalentscheidungen ein und will statt einer Empfehlung gesetzlich Folgendes vorschreiben: Den Aufsichtsräten von 108 Großunternehmen müssen künftig mindestens 30 Prozent Frauen angehören, anderenfalls bleiben Mandate unbesetzt. Laut der CDU-Politikerin Elisabeth Motschmann ist diese Vorgabe eine „Bereicherung und keine Gefahr“.

Weitere 3.500 Unternehmen müssen sich selbst das Ziel setzen, den Frauenanteil in Aufsichtsrat, Vorstand und oberem Management immer weiter zu erhöhen und darüber Rechenschaft ablegen. Es ist damit zu rechnen, daß diese Politiker keine Ruhe geben werden, bis der Frauenanteil überall zwangsweise 50 Prozent erreicht.

Millionen fließen in die Gendertheorie

Vorweg dazu eine nicht nur als Satire zu verstehende Anmerkung: Die gleiche Bundesregierung fördert mit großen Summen zusammen mit der EU, den Bundesländern und den Universitäten die sogenannte Gendertheorie.

Danach soll überhaupt nicht mehr objektiv feststellbar sein, wer Mann oder Frau ist. Durch sogenanntes „Transgender“ soll vielmehr jeder Mensch selbst bestimmen, ob und wie lange er Mann oder Frau ist. Der äußere Anschein wird zur optischen Täuschung.

Da die Bundesregierung an einen solchen Schwachsinn glaubt, ist die Vorlage einer „Quotenregelung“ nicht schlüssig. Diese setzt nämlich weiterhin die schon seit einigen (etwa eine Million) Jahren bekannte objektive Unterscheidung zwischen Mann und Frau voraus. Auch wird nicht geregelt, was passiert, wenn eine „Quotenfrau“ nach der Wahl zum Mann „transgendert“ oder umgekehrt. Wenn die Gendertheorie zuträfe, dürften nur wie bisher Menschen in die Aufsichtsräte gewählt werden, das Geschlecht wäre irrelevant. Die Bundesregierung wird um Aufklärung gebeten.

Da die Gendertheorie vermutlich eines Tages verschwinden wird, wird im folgenden an der altbekannten Unterscheidung zwischen Mann und Frau vorsichtshalber festgehalten. Das bedeutet für die „Quotenregelung“ folgendes:

Drei Gründe, die gegen das Gesetz sprechen

Erstens: Schon die angebliche Beschränkung auf 30 Prozent ist falsch. Nach dem Mitbestimmungsgesetz haben Aufsichtsräte in Aktiengesellschaften je nach Größe zwölf, sechzehn oder zwanzig Mitglieder. 30 Prozent von zwölf ergeben 3,6. 30 Prozent von sechzehn 4,8 Frauen. Nur bei zwanzig Mitgliedern geht mit sechs Frauen die Rechnung auf. Da es keine „Teilfrauen“ gibt, muß bei zwölf oder sechzehn Aufsichtsratsmitgliedern auf vier beziehungsweise fünf Frauen aufgerundet werden, die Frauenquote beträgt bei zwölf Aufsichtsratsmitgliedern nicht 30, sondern 33,3 Prozent, bei sechzehn Mitgliedern 31,25 Prozent. Die Unternehmen werden also in diesem Punkt ohne sachlichen Grund ungleich behandelt.

Zweitens: Paritätisch mitbestimmte Aufsichtsräte bestehen je zur Hälfte aus Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer. Die Anteilseignervertreter werden von der Hauptversammlung gewählt. Die Arbeitnehmervertreter zerfallen in Arbeitnehmer aus dem Unternehmen und in Vertreter der Gewerkschaften. Sie werden von Delegierten der Belegschaft gewählt. Nach dem Regierungsplan soll die Quote für den Aufsichtsrat insgesamt gelten, es bleibt also offen, wie sich die geforderte Frauenquote auf die drei Gruppen Anteilseigner, Betriebsangehörige und Gewerkschaftsvertreter verteilt.

Auf keinen Fall darf es nur auf einer der beiden Seiten zu einem Leerstand kommen, da dann die gesetzlich vorgeschriebene Parität entfiele. Es ist leicht auszumalen, wie schwierig es sein wird, unter Einbeziehung der verschiedenen Wahlgremien eine „Frauenquote“ personell und zahlenmäßig festzulegen, zumal eine „gleichmäßige Verteilung“ auf die drei Gruppen nicht möglich ist. Weil die eigentlichen Wahlgremien (Hauptversammlung, Arbeitnehmer) in der Regel gar nicht in der Lage sind, hierüber zu verhandeln, muß das Ganze zwischen dem Management, den Arbeitnehmervertretern und den Gewerkschaften ausgekocht werden. Dann muß man das Ergebnis den Wahlgremien verkaufen.

Der Verdacht, daß Frauen nur deshalb aufgestellt werden, weil sie Frauen sind, kann auch hier weitere Schwierigkeiten auslösen. Wenn nicht die Sache, sondern die Quote entscheidet, könnte jemand auch fordern, daß 30 Prozent aller Strafgefangenen Frauen sein müßten.

Firmen werden zum Objekt von Gesellschaftspolitik

Drittens: Was hier politisch abläuft, ist ein fundamentaler Eingriff in die bisher freie deutsche Marktwirtschaft. Die Unternehmen werden wie früher in der DDR zum Gegenstand staatlicher Gesellschaftspolitik. Wichtig ist nicht mehr der wirtschaftliche Erfolg, sondern die Realisierung von Zwangsvorstellungen. Führungskräfte ausschließlich nach dem Geschlecht zu bestimmen, ist Systemveränderung in Richtung eines neuen Sozialismus.

 

Startups kommen ohne Frauen aus

Die Vorgaben zur Quote beziehen sich zunächst nur auf Konzerne, bei denen durch diverse Mitbestimmungsregeln der Staat sowieso in die Personalpolitik eingreift. Sie haben teilweise schon längst mit eigenen Frauenförderprogrammen begonnen und erfüllen die Quote schon fast. Je staatsnäher, desto eher. Es gibt auch keinen nennenswerten Widerstand. Siemens-Chef Joe Kaeser hatte bereits 2013 in einem Akt der Selbstgeißelung eine Frauenquote gefordert, falls die Wirtschaft es nicht schaffe, mehr Frauen in Toppositionen zu holen.

Anders sieht die Struktur bei Firmengründungen aus. Eine britische Studie über Startups ergab: Ihre Führungsriegen sind von Männern dominiert. In den 100 am schnellsten wachsenden Firmen Englands sind 8,4 Prozent aller Vorstandsposten an Frauen vergeben. Bei FTSE-100-Firmen (vergleichbar dem Dax) beträgt die Quote 22,8 Prozent. Trilby Rajna von der Firma Approved Index, die die Untersuchung durchgeführt hat, war entsetzt: „Diese Firmen werden für ihre Pionierleistungen gefeiert, aber ihre Firmenphilosophie ist nicht fortschrittlich.“ (rg)

Foto: Victoria auf der Berliner Siegessäule: Die Siegesgöttin bringt der Genderfraktion den Durchbruch bei der Besetzung von Vorständen

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