© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/14 / 12. Dezember 2014

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Die Deutschen wollen durchschnittlich 285 Euro pro Kopf für Weihnachtsgeschenke ausgeben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Die Summe entspricht fast der im Vorjahr. Auf Rang eins der beliebtesten Geschenke stehen Gutscheine, dicht gefolgt von Büchern. Auf den weiteren Plätzen folgen Produkte der Unterhaltungselektronik (vor allem Tablets und Smartphones, aber auch Lesegeräte für elektronische Bücher), Spielwaren und Kleidung. Doch verweilen wir bei den Büchern. Ich erinnere eine Eintragung Ernst Jüngers in seinem Tagebuchband „Jahre der Okkupation“. Dort heißt es am 24. Juli 1945, damals so gültig wie heute: „Tröstlich wie immer bleiben die Bücher als leichte, zuverlässige Schiffe für Fahrten in Zeit und Raum und darüber hinaus. Solange noch ein Buch zur Hand und Muße zum Lesen da ist, kann eine Lage nicht verzweifelt, nicht gänzlich unfrei sein.“

Laut GfK-Umfrage planten 43 Prozent der Befragten Büchergeschenke zu Weihnachten. Dafür wollen sie im Schnitt 39 Euro ausgeben. Das ist zwar nicht viel gemessen an den Ausgaben für zum Beispiel den einen oder anderen Schnickschnack aus der digitalen Welt. Aber es reicht allemal, dem Beschenkten nicht nur Sinnenfreude zu bereiten, sondern wichtiger noch: Lebensqualität zu stiften. Immer vorausgesetzt, der Schenkende orientiert sich nicht ausnahmslos nur an greller Werbung oder den einschlägigen Bestsellerlisten, auf denen häufig Werke zu finden sind, welche die Zeitspanne ihrer einmaligen Lektüre nicht überdauern.

Ein Geschenkbuch für alle und jeden, das für intellektuell vergnügliche Stunden immer wieder zur Hand genommen werden kann, heute, morgen und auch noch übermorgen, ist Michael Klonovskys „Aphorismen und Ähnliches“, erschienen im Karolinger-Verlag, Wien (18,90 Euro). Klonovskys Meisterschaft im Formulieren knappster gedanklicher Funkenflüge ist unübertroffen. Kostproben, willkürlich herausgegriffen: „Den meisten Menschen, die sich in unserem Weltteil für diskriminiert erklären, mangelt es bloß an Schamgefühl.“ – „Als sich die Leistung aus dem Dienst verabschiedete, entstand die Dienstleistung.“ – „Nichts macht den linken Pädagogen rasender als der ewige Triumph der Begabung über den guten Willen.“ – „Jeder Muezzinruf beinhaltet eine Feinderklärung.“ – „Der Tugendterror wäre unvollständig, wenn diejenigen, die ihn ausüben, die Feststellung zuließen, daß er existiere.“

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen